Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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wird und auch von gegnerischer Seite der Uebertreibungen viele 
mit unterlaufen — man lese nur DÜRINGERs wenig liebenswürdige 
Bemerkungen über ERNST FUCHS nach * —, da ist es begreiflich 
und psychologisch fast eine Notwendigkeit, daß die ruhige Rede 
gelegentlich von schmetternder Angriffsfanfare übertönt wird. 
Auch der Schreiber dieses weiß sich von dieser Schwäche nicht 
frei. Kommt man später dann in ein ruhigeres Marschtempo, 
wird auch die Sprache alsbald gelassener. 
Schwerer als solche Stilmängel eines überschäumenden Tem- 
peraments wiegen gewisse sachliche Unzulänglichkeiten, vor allem 
KANTOROWICZ’ seltsamer Mißgriff in der Beurteilung der Interessen- 
wägung. Hiermit hat es folgende Bewandtnis: Jede echte Ge- 
setzesnorm, die nicht eine bloße Definition oder bloße Gebots- 
elemente enthält, sondern ein fertiges Gebot oder Verbot oder 
Gewährenlassen, kann man in drei Elemente zerlegen: 1. den 
hypothetischen Tatbestand, in welchem sich eine bestimmte 
soziale Interessenlage, im Sinne STAMMLERs die „Voraussetzung“, 
widerspiegelt, 2. die daran angeknüpfte Norm, die sich ihrem 
Wesen nach als eine Interessenwägung, als die Schlichtung eines 
Interessenkonfliktes darstellt — bei STAMMLER als „Folge“ bezeich- 
net —, und endlich 3. eine dahinterstehende Zweckvorstel- 
lung, die sich des Gebotes als eines Mittels für die Erreichung 
ihrer gesellschaftlichen Ziele bedient. Aeußerlich betrachtet nun, 
vollzieht sich die Rechtsfindung aus dem Gesetz in Gestalt des 
bekannten logischen Schlußverfahrens, für welches STAMMLER die 
Formel prägt °: 
  
  
* DORINGER, Richter und Rechtsprechung (1909), wo der höchst ver- 
dienstvolle Vorkämpfer der Rechtssoziologie als „Karlsruher Freirechts- 
pfäffllein®, als „Hans Wurst aller modernen Ideen‘, als „schlauer Fuchs“, 
der „den Enten predigt“ usw. gebrandmarkt wird und sogar antisemitische 
Seitensprünge nicht fehlen. 
5 Theorie der Rechtswissenschaft S. 664.
	        
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