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einer kraftvollen Weiterentwicklung der staatlichen Postanstalt anzustreben,
brachte der Artikel 3 der Novelle das ausnahmslose Verbot des Be-
triebes von Anstalten zur gewerbsmäßigen Einsammlung, Beförderung oder
Verteilung auch von unverschlossenen Briefen, dann von Karten,
Drucksachen und Warenproben, sofern diese Sendungen mit der Aufschrift
bestimmter Empfänger versehen waren. Zuwiderhandlungen wurden einer
u. U. empfindlichen Geld- oder Freiheitsstrafe (Haft, Gefängnis bis zu sechs
Monaten) unterstellt; Artikel 3 a. a. O. Absatz 2.
Diese Ausdehnung des staatlichen Postregals mit Wirkung für den
Orts- und Fernverkehr verfehlte ihren Zweck nicht. Im Gegenteil, die Pri-
vatkonkurrenz in jeder Form und Art, wenn auch von noch so geringer
Wirkung für den Staatspostbetrieb, wurde nachhaltig bekämpft, und es
kam häufig so weit, daß selbst an sich einwandfreie Geschäftsunterneh-
mungen sich eine Bestrafung zuzogen, weil man glaubte, in ihrem Betriebe,
wenn auch nur in einer Nebenform, in einem der mannigfaltig auftretenden
Geschäftszweige, einen Verstoß gegen das genannte Verbot des Artikels 3
a. &. OÖ. erblicken zu müssen. Auf die Vielzahl der hier auftauchenden
Auslegungen des Gesetzes durch die Interessenten, die Postbehörden und
obersten Gerichte einzugehen, liegt außerhalb des Zweckes der gegenwär-
tigen Erörterung.
Wesentlich höhere Aufmerksamkeit muß einem vor kurzem an einem
großen, verkehrsreichen Orte stattgehabten Vorgang zugewendet werden,
der nach sicherer Voraussicht den Auftakt zu einer äußerst empfind-
lichen Schädigung des Staatspostbetriebes durch private Gewerbeunterneh-
mungen führen wird, ohne daß die gegenwärtigen gesetzlichen Schutzbe-
stimmungen eine Handhabe zur Bekämpfung im Interesse der Staatspost-
anstalt bieten können.
Bei Schaffung der Postnovelle war es unterlassen worden, die Privat-
beförderungsanstalten (Gegensatz: die reinen privaten Briefbeförderungs-
anstalten) ähnlich wie vom Ortsbriefverkehr auch vom Fernbriet-
verkehr auszuschließen. Aus dem geltenden Rechte des RPostG., nach
dessen 82 die sonst der Staatspost auf Grund des bestehenden Postzwangs
vorbehaltene Briefbeförderung von Ort zu Ort (Fernverkehr) auch durch
sog. expresse Boten oder Fuhren gegen Bezahlung unter Umgehung der
Staatspost erlaubt ist, allerdings unter der Bedingung, daß der Bote zu
gleicher Zeit keinen Transportauftrag eines zweiten Absenders ausführen