Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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einer kraftvollen Weiterentwicklung der staatlichen Postanstalt anzustreben, 
brachte der Artikel 3 der Novelle das ausnahmslose Verbot des Be- 
triebes von Anstalten zur gewerbsmäßigen Einsammlung, Beförderung oder 
Verteilung auch von unverschlossenen Briefen, dann von Karten, 
Drucksachen und Warenproben, sofern diese Sendungen mit der Aufschrift 
bestimmter Empfänger versehen waren. Zuwiderhandlungen wurden einer 
u. U. empfindlichen Geld- oder Freiheitsstrafe (Haft, Gefängnis bis zu sechs 
Monaten) unterstellt; Artikel 3 a. a. O. Absatz 2. 
Diese Ausdehnung des staatlichen Postregals mit Wirkung für den 
Orts- und Fernverkehr verfehlte ihren Zweck nicht. Im Gegenteil, die Pri- 
vatkonkurrenz in jeder Form und Art, wenn auch von noch so geringer 
Wirkung für den Staatspostbetrieb, wurde nachhaltig bekämpft, und es 
kam häufig so weit, daß selbst an sich einwandfreie Geschäftsunterneh- 
mungen sich eine Bestrafung zuzogen, weil man glaubte, in ihrem Betriebe, 
wenn auch nur in einer Nebenform, in einem der mannigfaltig auftretenden 
Geschäftszweige, einen Verstoß gegen das genannte Verbot des Artikels 3 
a. &. OÖ. erblicken zu müssen. Auf die Vielzahl der hier auftauchenden 
Auslegungen des Gesetzes durch die Interessenten, die Postbehörden und 
obersten Gerichte einzugehen, liegt außerhalb des Zweckes der gegenwär- 
tigen Erörterung. 
Wesentlich höhere Aufmerksamkeit muß einem vor kurzem an einem 
großen, verkehrsreichen Orte stattgehabten Vorgang zugewendet werden, 
der nach sicherer Voraussicht den Auftakt zu einer äußerst empfind- 
lichen Schädigung des Staatspostbetriebes durch private Gewerbeunterneh- 
mungen führen wird, ohne daß die gegenwärtigen gesetzlichen Schutzbe- 
stimmungen eine Handhabe zur Bekämpfung im Interesse der Staatspost- 
anstalt bieten können. 
Bei Schaffung der Postnovelle war es unterlassen worden, die Privat- 
beförderungsanstalten (Gegensatz: die reinen privaten Briefbeförderungs- 
anstalten) ähnlich wie vom Ortsbriefverkehr auch vom Fernbriet- 
verkehr auszuschließen. Aus dem geltenden Rechte des RPostG., nach 
dessen 82 die sonst der Staatspost auf Grund des bestehenden Postzwangs 
vorbehaltene Briefbeförderung von Ort zu Ort (Fernverkehr) auch durch 
sog. expresse Boten oder Fuhren gegen Bezahlung unter Umgehung der 
Staatspost erlaubt ist, allerdings unter der Bedingung, daß der Bote zu 
gleicher Zeit keinen Transportauftrag eines zweiten Absenders ausführen
	        
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