Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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der Kirche Christi) Rechtsquelle sei, daß sie „aus ihrem ureigenen Sein 
und Sollen‘, aus dem Wesen des Christentums heraus „Wesensrecht“ her- 
vorbringe (so Tu. KArFTAn, Vier Kapitel S. 61, 62), ist nach dem Urteil der 
lutherischen Reformation ein widerchristlicher Gedanke...“ Das kanonische 
Recht ist, nach Luthers Willen ‚im Feuer der Reformation ganz und gar 
verbrannt .. .. vom kanonischen Recht blieb kein Stein auf dem andern. 
Nicht bloß die Welt des Glaubens, auch die ganze Welt des Rechts war 
eine andere geworden. Es gab kein geistliches Recht mehr, und wie kein 
geistliches Recht, so auch keine geistliche Obrigkeit... .* SoHMs Abhand- 
lung ist eine Kampfschrift im höchsten Sinne; sie ist es, obgleich kein für 
den Andersdenkenden verletzendes Wort in ihr steht, durch die feurige 
Kraft der Rede wie durch die unerbittliche Strenge der Ueberzeugung. 
Die Festgabe weckt freilich in uns Schülern der Leipziger Universität 
des 19. Jahrhunderts auch ein fast wehmütiges Gefühl. Von den vier großen 
alten Herren der Fakultät ist einer geschieden — STROHAL, dessen Abhand- 
lung über Schuldpflicht und Haftung sich würdig den beiden anderen Bei- 
trägen anreiht — und BınDInG, dem sie gewidmet ist, hat sein Lehramt 
niedergelegt. Möchten SoaMm und WAcH noch lange die Leipziger hohe 
Schule der Juristen in ihrer immer jugendfrischen, weil aus dem Innersten 
ihres Wesens kommenden Rechtswissenschaft anführen. 
A. Mendelssohn Bartholdy. 
  
  
Festschrift für Heinrich Brunner, zum 50jährigen Doktorjubiläum 
am 8. April 1914 überreicht von der Juristenfakultät der Universität 
Berlin. Duncker und Humblot, München und Leipzig 1914. IV und 
594 8. 
Von den sechszehn Beiträgen, mit denen die Dozenten der Berliner 
Fakultät ihren berühmten Germanisten ehrten, gehören sechs dem öffent- 
lichen Recht im engern Sinn an; von ihnen ist der ganz historisch gerich- 
tete Aufsatz von KRAUsL durch ein Spiel des Zufalls heute der aktuellste, 
behandelt er doch in der Petersburger Konvention vom 5./17. Juni 1801 
zwischen Rußland und England einen der wichtigsten Entwicklungspunkte 
des englischen Seekriegsrechts. Mit außerordentlicher Klarheit hat KRAUEL 
die diplomatische Vorgeschichte, den Gang der Verhandlungen, die poli- 
tische Wirkung des Abkommens und seine Bedeutung dargelegt. Was die 
Konvention in der Geschichte des Völkerrechts so bedeutsam macht, das 
ist ihr Verhältnis zu den kurz vorher geschlossenen Verträgen der (zwei- 
ten) Bewaffneten Neutralität, des russisch-skandinavisch-preußischen 
Bündnisses gegen die englische Seeherrschaft (S. 76 fd. in musterhafter 
Vergleichung der Texte); was uns heute daran so lebhaft bewegt, das ist 
die diplomatische Sicherheit, mit der England in der neuen Konvention 
und den Zusatzverhandlungen von Moskau alles erreicht hat, was es wollte. 
(Der Einfluß des eigentlichen Urhebers der englischen Seerechtsprätensionen,
	        
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