Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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jene Theorien haben für die Staatslehre und ihre Entwicklungsgeschichte 
eine selbständige Bedeutung neben den materiellen politischen Ideen, deren 
Verwertung sie dienen: indem sie für die in der Staatsgeschichte mit und 
gegeneinander wirkenden politischen Triebkräfte staatswissenschaftliche 
Formen auszubilden suchen, ermöglichen sie es erst, diese Kräfte in der 
gedanklichen Struktur der staatlichen Verfassung als feststehende Elemente 
konstruktioneller Berechnung zu verwerten. Ein Beispiel mag erläutern, 
wie ich mir Wesen und Funktion derartiger politischer Formaltheorien 
denke: der Theorie des Staatsvertrages kann nicht die an sich ihr logisch 
scheinbar zugrunde liegende materiell-politische Vorstellung einer politi- 
schen Selbstberechtigung der Volksgesamtheit als wesentlich zugerechnet 
werden, denn sie deckt die politischen Ideen sowohl der radikalen Demo- 
kratie, wie der absoluten Monarchie; für beide gibt sie nur die staats- 
theoretische Form, 
Zwei solcher staatstheoretischen Formen politischer Ideen sind das 
monarchische Prinzip und die konstitutionelle Theorie, die Gegenstand der 
hier zu besprechenden Untersuchungen sind. Bei beiden handelt es sich 
nicht sowohl um unmittelbare politische Ideen, als vielmehr um staats- 
wissenschaftliche Theorien, die nur mittelbar der Verwertung politischer 
Ideen dienen sollen. Ob sie ein taugliches Mittel dazu sind, ist eine andere 
Frage. Die Beurteilung ihrer eigenen Bedeutung ist jedenfalls nur mög- 
lich bei Berücksichtigung dieses, ihres formalen Charakters. Ohne dessen 
Berücksichtigung stellen sich ihrer Erklärung und Würdigung, wie die Er- 
gebnisse sowohl der MEISNERschen als der MAIrRschen Untersuchungen 
beweisen, unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Im einzelnen kann 
das erst im Laufe der Besprechung gezeigt werden. 
I. MEISneEr beginnt seine wertvolle Darstellung des monarchischen Prin- 
zips e contrario, indem er zunächst die Entwicklung der parlamentarischen Re- 
gierungsweise in England schildert. Dabei bringt er diese in interessanten 
Zusammenhang mit der Geschichte des Kabinetts und dem Bedeutungs- 
wandel dieses Begriffes, ohne jedoch die gerade in der Institution der ver- 
antwortlichen Räte liegenden wichtigen Zusammenhänge mit dem ständi- 
schen Staatswesen zu beachten, auf die SCHVARZ und G. JELLINEK auf- 
merksam gemacht haben. Für die Erkenntnis des Parlamentarismus in 
England liefert das Kapitel nichts so wesentlich neues, daß es zur gegen- 
sätzlichen Erklärung des monarchischen Prinzips unentbehrlich erscheinen 
könnte. 
Der zweite Abschnitt über die Geschichte des monarchischen Prinzips 
in Frankreich bringt eine gründliche Darstellung der betreffenden Bestim- 
mungen der Charte Ludwigs XVIII. und der Verfassung der hundert Tage 
sowie der Entstehungsgeschichte beider unter Hervorhebung der Ideen 
CHATEAUBRIANDs und B. ConSTANTs und deren Bedeutung für jene Ver- 
fassungen. Viele interessante Einzelheiten vereinigen sich hier zu dem
	        
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