Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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gen durchkommen?. Hätte Verf. die juristische Seite der Frage überhaupt 
genauer betrachtet, so würde er andererseits auch zu einer schärferen Aus- 
scheidung der rechtlichen Beurteilungsmomente aus den politischen 
Abwägungen und damit zu der Erkenntnis gelangt sein, daß juridisch das 
monarchische Prinzip im eigentlichen Sinne des Art. 57 WSA. nichts an- 
deres ist als der, wenn auch primitive, Ausdruck für eine staatsrechtliche 
Tatsache: die konstitutionelle Staatsform beruht in Deutschland auf Selbst- 
beschränkung der früher in der Person des Monarchen konzentrierten 
Staatsgewalt. Politisch hingegen ist das monarchische Prinzip in dem von 
STAHL ihm gegebenen materiellen Inhalt eine Vorstellung, deren „Richtig- 
keit“ privatim zwar Sache des Glaubens sein kann, in wissenschaftlicher 
Erörterung aber des Beweises bedarf. Daß sie in Deutschland der rechtsge- 
schichtlichen Entwicklung entspricht, kann vielleicht ihre staatsrechtliche, 
nicht aber ihre politische Richtigkeit beweisen. Daß sie ferner in Deutschland, 
worauf Verf. besonderen Wert legt, eine eigene Entwicklung und daher 
einen eigenen Charakter hat, beweist nicht, daß sie für Deutschland abso- 
lute und dauernde Berechtigung hat. Ich glaube zwar auch, daß sie un- 
serem Volkscharakter, für den seinerseits die geschichtliche Entwicklung 
nicht gleichgültig ist, in besonderem Maße entspricht und habe selbst an 
anderer Stelle (Der Gedanke des Volksheeres im deutschen Staatsrecht 
1914 S. 54f.) auf die Bedeutung der monarchischen Anhänglichkeit für die 
Entwicklung unseres Staats- und Rechtslebens hingewiesen. Nur ist m. E. 
einerseits mit solchem Glauben für die wissenschaftliche Untersuchung 
wenig gewonnen, andererseits ist es die Aufgabe jener, scharf zu scheiden 
zwischen den Einflüssen der oft vom Standpunkte der politischen Ideen 
aus zufälligen historischen Entwicklung und solchen aus der Eigenart 
von Land und Leuten. Ich will diese durchaus nicht in ihrer Bedeutung 
unterschätzen. Will man sie aber wissenschaftlich in Rechnung setzen, so 
muß man ihr Vorhandensein und ihre Wirkungsstärke erst nachweisen. Es 
ist möglich, daß solche antropo-geographischen Elemente soziologisch von 
großer Bedeutung sind für das politische Leben: LOoMBROSO glaubt ja be- 
weisen zu können, daß der Jurakalkboden eine besonders günstige Grund- 
lage für Revolutionen bildet. So lange man aber nicht wissenschaftlich 
solche Zusammenhänge nachweisen kann oder mag, sollte man der „Boden- 
ständigkeit“, der „Günstigkeit des Himmelsstriches“ u. dergl. für die wissen- 
  
2 Wie wenig den Verf. insbesondere die rechtliche Erkenntnis inter- 
essiert, zeigt deutlich seine Verwendung juristischer Begriffe, die stellen- 
weise nur nach dem Wortklang erfolgt zu sein scheint: so, wenn er das 
rechtliche Wesen des Ministeriums im modernen Staatsrecht als „solidarische 
Körperschaft“ bezeichnen zu sollen glaubt, oder wenn er von einem „cha- 
racter indelebilis* der Freiheitsrechte spricht.
	        
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