Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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tische Theorie, die auch von den Monarchomachen — ein bedenkliches 
Kapitel, wenn man ihre Schriften nicht gelesen hat — formal verwertet 
wurde. Das Naturrecht ist weder eine politische Theorie, noch ist eine be- 
sondere politische Theorie ihm wesentlich. So wenig man deshalb Natur- 
recht und Volkssouveränität gegenüberstellen kann, kann man von einer 
späteren Vereinigung der beiden reden, bei der vor allem die vom Verf. 
dem Kalvinismus zugeteilte Rolle ziemlich unklar ist. Wichtig ist hier jeden- 
falls die Bedeutung des Kalvinismus mittelbar für die Entwicklung des Ge- 
dankens von den Freiheitsrechten und unmittelbar desjenigen von der durch 
die Grundgesetze beschränkten Herrschergewalt, die Verf. unbeachtet läßt. 
Zu diesen politischen Ideen: Volkssouveränität und Bindung der Herrscher- 
gewalt an Grundgesetze und Naturrecht, trat dann seit LocKE die der Ge- 
waltenteilung und besonders der unveräußerlichen Menschenrechte®. Wich- 
tige logische Hilfsmittel zur konstruktiven Verwertung dieser Ideen bildeten 
ferner die vom Verf. ganz außer Ansatz gelassenen Theorien vom Staatsver- 
trag und vom Gemeinwillen. Aus diesen Elementen ist dann — was Verf. 
ebenfalls vollständig übergeht — in großartig systematischer Weise auf 
Grund der ausgedehntesten politisch-theoretischen Erörterungen, über die 
uns REDSLOB eine Uebersicht gegeben hat, von der französischen National- 
versammlung in den Jahren 1789 bis 1791 praktisch das konstruiert wor- 
den, was wir hier mit dem Verf. als die konstitutionelle Theorie bezeichnen. 
Daß Verf. die Lehren eines Staatstheoretikers von der Bedeutung CONDOR- 
CETs ganz übersieht, mag ihm nicht zu sehr anzurechnen sein, ist doch 
selbst REDSLOB an diesem vorübergegangen. Aber durch diese völlige 
Nichtbeachtung der geistigen Arbeiten der französischen Revolution fehlen 
dem zweiten Teil seiner Darstellung (I. Die Gewaltenteilungslehre, MONTES- 
QuIEUD, Il. Die radikale Demokratie, ROUSSEAU, III. Die Untergründung der 
konstitutionellen Theorie durch die Staatsphilosophie des deutschen Idealis- 
mus, WOLFF, KANT, FiCHTE, FRIES) wichtige Bindeglieder: einerseits ist 
die Lehre vom Gemeinwillen, die der späteren politischen Logik so viel 
Mühe macht, und diejenige vom Staatsvertrage, der doch noch bei KLÜBER, 
und bei ROTTECK neben ersterer, eine entscheidende Rolle spielt, und damit 
ihre ganze Bedeutung für das politische Denken von Mitte des 18. bis bei- 
nahe Mitte des 19. Jahrhunderts unbeachtet geblieben; anderseits sind die 
Wechselwirkungen zwischen französischer und deutscher Theorie nicht be- 
rücksichtigt worden, weder der durch BARBEYRAC und VATTEL vermittelte 
Einfluß PUFENDORFs und WOLFFs auf Frankreich, noch die ungeheuere Ein- 
wirkung RoussEAUs auf die deutsche Theorie. 
Die geistesgeschichtliche Betrachtung der politischen Ideen, die von 
dem deutschen Liberalismus in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur 
°s Die Unzulänglichkeit der Arbeit in diesem Punkte beruht z. T. auf 
völliger Nichtbeachtung der neueren Spezialliteratur. 
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