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gefaßten politischen Ideen ist zwar nach der hier im Anschluß an H. MAIER
angenommenen Bedeutung ein einigermaßen umgrenzter: bestimmt durch
die politischen Ideen des vormärzlichen Idealismus. Das kann aber nicht
darüber hinwegtäuschen, daß dem Begriff der konstitutionellen Theorie an
sich ein bestimmter Gehalt an materiellen politischen Ideen nicht zuge-
sprochen werden kann. Es liegt genau wie mit dem monarchischen Prinzip,
das auch, wenn man ihm mit MEISNER die ihm von STAHL aufgedrückte
Bedeutung gibt, einen bestimmten politischen Ideengehalt hat. Wir haben
aber gesehen, daß es angesichts der in der Geschichte entwickelten Bedeu-
tung des monarchischen Prinzips ganz willkürlich war, ihm jene besondere
Bedeutung zu geben. Genau so willkürlich aber ist es, der konstitutionellen
Theorie eine Bedeutung zu geben, die nur aufgebaut ist auf den von
MAIER geschilderten geistesgeschichtlichen Grundlagen. Es läßt sich be-
grifflich sehr wohl eine konstitutionelle Theorie denken, die der gedanklichen
Grundlage der Volkssouveränität oder der Gewaltenteilung entbehrt. Und
es werden sich zweifellos in der Geschichte der politischen Theorien Auf-
fassungen vom Wesen des Konstitutionalismus nachweisen lassen, die eines
dieser Elemente oder der oben erwähnten anderen ganz ausgeschaltet
haben. H. MAIER ist deshalb vielleicht von einem ganz richtigen Gefühl
geleitet gewesen, — wenngleich das, wie erwähnt m. E. für die Anlage
seiner Untersuchung ein Fehler war — als er den eigentlichen politischen
Ideengehalt der konstitutionellen Theorie nur ganz unbestimmt andeuten
zu sollen glaubte’; dem Gefühl nämlich, daß hier in der Geschichte der
Staatsideen etwas besonderes vorliegt, über das man bisher hinweggeglitten
ist: eine Staatstheorie, die nur zu erklären ist als die Form, deren sich
politische Ideen verschiedener Art bedienen können, ohne daß diese kon-
krete Verwendung der Form für ihre eigene staatswissenschaftliche syste-
matische Bedeutung wesentlich ist,
Es ist — das muß zur Vermeidung von Mißverständnissen noch be-
merkt werden — an sich möglich, das monarchische Prinzip sowohl, als
die konstitutionelle Theorie zu konstruieren als politische Theorien mit
festem materiellen Gehalt. Etwa so, daß man unter dem monarchischen
Prinzip die politische Theorie versteht: jede Verfassung eines Staates, der
rechtlich als Monarchie erscheint, muß dem Fürsten ein Minimum von
Rechten geben, das diese Theorie dann im einzelnen bestimmen würde.
und daß dementsprechend die konstitutionelle Theorie diejenige wäre, die
in gleicher Weise in jedem rechtlich konstitutionellen Staat ein gewisses
Minimum von Volksrechten forderte Um solche Möglichkeiten wissen-
schaftlich politischer Konstruktion handelt es sich hier jedoch nicht, son-
dern um die tatsächliche Bedeutung, die jene beiden Theorien in der Ge-
schichte der Staatslehre haben. Diese aber ist ihrem materiellen Ideen-
’ Vgl. oben Anm. 5.