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neuerdings O. MAYER haben sich alle zu jener Ansicht bekannt. — Eine
kurze Darstellung der Verwaltungspraxis ergänzt, ohne wesentlich neues
zu bringen, in anschaulicher Weise das bekannte und vom Verf. bereits
im ersten Abschnitt aufgezeichnete Bild des herrschenden Zustandes.
Der dritte Abschnitt gibt eine gründliche, wenn auch m. E. wissen-
schaftlich recht anfechtbare „Kritik de lege lata“. Durch die polizei-
liche Genehmigung erachtet Verf. die zum Tatbestande der Kuppelei
gehörende Rechtswidrigkeit und damit die Strafbarkeit ausgeschlossen.
Die Gründe dafür sind, selbst wenn man von der rein strafrechtlichen,
nicht unbestrittenen Frage der Bedeutung der Rechtswidrigkeit absieht,
m. E. nicht geeignet, die Ansicht des Verf. zu stützen. Sein erster Grund
„daß der preußische Gesetzgeber 1851 der Ansicht war, sein Gesetz treffe
den Beherberger nicht“ ist nicht nur in sich ungefestigt — positiv bringt
Verf. keinen Beweis für diese „Ansicht“ des Gesetzgebers, negativ spricht
gegen ihre Annahme außer dem Fortfall der ausdrücklichen Ausnahme
des Allg. Landrechts die ganze Entwicklungsgeschichte des preußischen
Rechts von 1857 (vgl. die Ausführungen des Verf. S. 21 ff. und die meinigen
a. @. OÖ. 37—43) — sondern überhaupt unerheblich, denn nicht die Ansicht
des Gesetzgebers sondern nur der im Gesetze zum Ausdruck gebrachte
staatliche Wille hat Gesetzeskraft. Ebensowenig überzeugend ist der zweite
Grund: „wo das Gesetz selbst einen Zweck anerkennt und durch (soll wohl
heißen „dem“) Landesrecht oder Verwaltungsakt die Mittel zu seiner Er-
reichung freigibt, da kann es ihm (wohl „ihn“) nicht an anderer Stelle
durch eine allgemein gefaßte Bestimmung vereiteln wollen.“ Zunächst
steht und fällt dieser Grund mit dem unhaltbaren ersten, der Annahme,
daß das Gesetz die polizeiliche Regelung der Prostitution schlechterdings,
auch gegenüber den Kuppeleibestimmungen, freigeben wollte. Sodann ist
er überhaupt nichts anderes als eine petitio principii, entnommen aus der
Idee eines schlechthin vollkommenen Gesetzgebers. Dieser Idee sucht zwar
Verf. einen positiv-rechtlichen Gehalt zu geben mit der Formel: „der
Rechtsstaat kann nicht mit sich selbst in Widerspruch treten.“ Allein
damit kommt man keinen Schritt weiter. Selbst wenn dieser Satz richtig
wäre — was m. E. nicht der Fall ist — wenn also jeder Widerspruch
zwischen zwei Gesetzesnormen nur ein scheinbarer wäre, so beweist das
noch gar nichts für die Art und Weise der Lösung des Widerspruchs.
Diese kann nur gefunden werden mit den Grundlehren der Rechtswissen-
schaft und ergibt sich ‘in der Tat ganz klar aus den elementarsten Grund-
sätzen des Staatsrechts. Die Polizei kann im Rechtsstaate nie Anordnungen
contra legem erlassen. Die Polizei könnte also im Prostitutionswesen eine
Genehmigung, die dem allgemeinen strafgesetzlichen Verbot der Kuppelei
entgegen wäre, nur erteilen, wenn sie dazu durch Gesetz ermächtigt wäre.
Eine solche Ermächtigung ist aber nirgends erteilt worden. Der $ 360
Ziff. 6 StGB..gibt überhaupt keine Ermächtigung, sondern verweist nur