Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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Die Staatsgewalt ist vermögender Wille. Staatsgewalt und 
Staatswille sind verschieden nur nach dem Standpunkte der Be- 
trachtung. Der Wille ist der Ausgangspunkt der Gewalt und 
die letztere ist die Begleiterscheinung des erstern. Wenn wir 
also von Staatsgewalt sprechen, so ist damit zugleich der Staats- 
wille gemeint und umgekehrt. 
Die Staatsgewalt, bzw. der Staatswille ist Abstraktion und 
Zusammenfassung. Den Begriff erhalten wir dadurch, daß wir 
den machtvollen Willen von den faktisch herrschenden Menschen 
abziehen und vereinheitlichen. Man denkt also die Befehlenden 
weg und behält nur den Willen und die Gewalt als Gesamter- 
scheinung. Die Staatsgewalt ist aber, obwohl Abstraktion, doch 
Wirklichkeit; sie wirkt. Der Staat im Sinne von Staatsgewalt 
und Staatswille ist Subjekt mit juristischer Persönlichkeit nach 
Völkerrecht. 
Volk und Gebiet sind natürliche Notwendigkeiten für die 
Staatsgewalt, sie sind Besitzobjekte, die dureh völkerrechtliche 
Anerkennung rechtliche Objekte werden ®. Das Völkerrecht er- 
Bevölkerung und dem Gebiete, nicht aber der Staatsgewalt gegenüberge- 
stellt wird, beweist, daß er im engern Sinne ausschließlich aus letzterer 
besteht. Auch der Staatszweck kann nur Zweck der Staatsgewalt, nicht 
Zweck des Volk, Gebiet und Gewalt umfassenden Ganzen sein. Der Staat 
im Sinne von Staatsverband hat keine ihm von Menschen gesetzte Zwecke. 
® Es hat vielleicht etwas Stoßendes, Menschen als Objekte hinzustellen. 
Allein es ist nicht möglich, den Zustand der Beherrschung anders zu be- 
zeichnen. Die Eigenschaft, der Staatsgewalt unterworfen, Objekt derselben 
zu sein, ist eine völkerrechtliche. Sie ist geknüpft an das Sichaufhalten 
auf dem Gebiete und begründet die Pflicht, sich den Anordnungen der 
Staatsgewalt zu fügen (Gehorsamspflicht). Die Staatsgewalt erhält aber 
vom Völkerrechte nicht bloß Rechte, sondern auch Pflichten. Diesen Pflich- 
ten gegenüber wird der Aufenthalter zum berechtigten Subjekte. So hat 
der Staatsfremde gegenüber der Staatsgewalt das Recht auf Schutz usw., 
insbesondere das Recht auf Befreitsein von Militärlasten. Wenn also auch 
das Völkerrecht grundsätzlich nur mit den Staaten sich beschäftigt, be- 
gründet es doch auch für den einzelnen Menschen Rechte und Pflichten. 
(Wir stehen also in dieser Beziehung auf dem Boden von FIORE, HEFFTER 
BonFILs u. a.)
	        
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