Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

— 6 — 
Staatenbund stützt sich auf ein Verfassungsgesetz, nicht auf einen 
Vertrag. Die Verfassung kommt zustande dadurch, daß sich 
jeder dem Bunde beitretende Staat dem durchberatenen und im 
gegenseitigen Einverständnisse aufgestellten Verfassungsentwurfe 
unterzieht. Die Unterwerfungserklärung ist eine völkerrechtliche. 
Sie ist einseitiger Natur, wenn auch mit dem ausdrücklichen oder 
stillschweigenden Vorbehalte abgegeben, daß auch die übrigen 
in dem Verfassungsentwurfe als beitretend vorgesehenen Staaten 
beitreten. Die Unterwerfungserklärungen werden entgegenge- 
nommen von dem provisorischen Zentralorgane. Sind sämtliche 
vorgesehenen Erklärungen erfolgt, so wird der Verfassungsent- 
wurf zum Verfassungsgesetze und der Staatenbund ist damit per- 
fekt !°. Ein Vertrag zwischen den Staaten spielt also bei der 
Gründung des Staatenbundes keine Rolle. Unter Bund ist die 
Zusammenfassung durch eine übergeordnete Rechtsnorm und eine 
höhere Gewalt, nicht eine bloße Bindung untereinander zu ver- 
stehen. Das Verhältnis der Einzelstaaten unter sich wird be- 
herrscht nicht durch einen Vertrag, auch nicht durch das Völker- 
recht, sondern ausschließlich durch die Bundesverfassung und die 
Bundesgesetzgebung. Zwischen den Einzelstaaten sind völker- 
18 Der Gründung gehen allerdings Verhandlungen zwischen den Staaten 
voraus, die zur Aufstellung eines bereinigten Verfassungsentwurfes führen. 
Es kann auch ein völkerrechtlicher Vertrag abgeschlossen werden, wonach 
sich die Staaten zur gemeinsamen Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes 
verpflichten. Allein das sind bloß präparatorische Schritte. — Die Abgabe 
der Unterwerfungserklärung und die Entgegenahme derselben durch das 
provisorische Zentralorgan bilden einen Konsens und damit einen vertrags- 
ähnlichen Vorgang. Man kann aber nicht von einem eigentlichen Vertrage 
sprechen; denn dieser setzt voraus, daß die Parteien auf gleichem Fuße 
miteinander verkehren, während es sich bei der Gründung des Bundes um 
eine Unterziehung des einen Teiles unter den Willen des andern handelt. 
Es entsteht so nicht ein Vertrags-, sondern ein Unterwerfungs- und Ge- 
waltverhältnis, das die Mitgliedschaft oder Angehörigkeit bewirkt. Ein all- 
fälliger gewaltsamer Rücktritt eines Staates ist nicht Vertragsbruch, son- 
dern Bruch eines völkerrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.