_ 3 —
erklären einzeln völkerrechtlich ihre Unterwerfung unter einen
vorher festgesetzten Verfassungsentwurf. Mit Entgegennahme
dieser Erklärungen durch die provisorische Zentralbehörde wird
der Verfassungsentwurf zur Verfassung ”°. Ein Vertrag zwischen
falls beitreten. Der einzelne Staat war aber gegenüber den andern aus
dem Vertrage vom 18. August 1866 nicht verpflichtet, sich der durchbe-
ratenen Verfassung zu unterziehen, LABAND, Staatsrecht I S. 27. Mit dem
Eintreffen sämtlicher Unterwerfungserklärungen beim König von Preußen
wurde der Verfassungsentwurf zur perfekten Verfassung und damit trat
auch ohne weiteres alles widersprechende Landesrecht außer Kraft. Wir
können bei diesem Gründungsvorgang einen Konsens hervorheben, gebildet
einerseits durch die Unterwerfung, anderseits durch die Annahme dieser
Unterwerfung seitens des provisorischen Organes der zukünftigen Zentral-
gewalt. Allein dieser Konsens bildet nicht einen Vertrag, sondern ein
(völkerrechtliches) Abhängigkeitsverhältnis. — Die Gründung des Deutschen
Reichs erfolgte durch Unterziehungserklärungen der süddeutschen Staaten
unter die Verfassung des Norddeutschen Bundes und Annahme der Unter-
ziehungserklärungen seitens der Organe des Norddeutschen Bundes mit
gleichzeitiger Aenderung der Verfassung zur Reichsverfassung. Zur Unter-
werfungserklärung hatten sich die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen
Bunde vertraglich (völkerrechtlich) verpflichtet unter der Bedingung, daß
in der neuen Reichsverfassung bestimmten Postulaten Rechnung getragen
werde. Diese Verträge haben mit dem Eintritte in den Bund ihre Erfül-
lung und damit Erledigung gefunden. Sie haben nur noch historische Be-
deutung, HÄner, Studien I S. 87f.
22 Während bei der Gründung des Staatenbundes der Einzelstaat sich
grundsätzlich nur als solcher unterwirft, dehnt er bei der Gründung des
Bundesstaates die Unterwerfung zugleich auch nach bestimmten Richtungen
hin auf seine Mitglieder aus. Es entseht so ein völkerrechtliches Unter-
werfungsverhältnis unter die Zentralgewalt, für die Einzelstaaten unmittel-
bar und für die Bürger derselben teils mittel- teils unmittelbar. Das völker-
rechtliche Unterwerfungsverhältnis begründet für die Zentralgewalt ein
(völkerrechtliches) Recht auf Beherrschung und für die Einzelstaaten und
deren Glieder die völkerrechtliche Pflicht des Gehorsams. Die Zugehörig-
keit (Mitgliedschaft) des Einzelstaates und des einzelnen Bürgers zum Bun-
desstaate ist, wie die Zugehörigkeit zum Staate überhaupt, völkerrechtlicher
Natur. — Denkbar wäre die Entstehung des Bundesstaates auch so, daß
ein zentralisierter Staat durch Verfassungsänderung eigentliche Gliedstaaten
mit dem nämlichen juristischen Charakter wie derjenige der Glieder in den
historisch gegebenen Bundesstaaten einführte. Man weist auf Brasilien und
Australien hin. Allein es ist sehr fraglich, ob wir es hier mit eigentlichen