Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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erklären einzeln völkerrechtlich ihre Unterwerfung unter einen 
vorher festgesetzten Verfassungsentwurf. Mit Entgegennahme 
dieser Erklärungen durch die provisorische Zentralbehörde wird 
der Verfassungsentwurf zur Verfassung ”°. Ein Vertrag zwischen 
falls beitreten. Der einzelne Staat war aber gegenüber den andern aus 
dem Vertrage vom 18. August 1866 nicht verpflichtet, sich der durchbe- 
ratenen Verfassung zu unterziehen, LABAND, Staatsrecht I S. 27. Mit dem 
Eintreffen sämtlicher Unterwerfungserklärungen beim König von Preußen 
wurde der Verfassungsentwurf zur perfekten Verfassung und damit trat 
auch ohne weiteres alles widersprechende Landesrecht außer Kraft. Wir 
können bei diesem Gründungsvorgang einen Konsens hervorheben, gebildet 
einerseits durch die Unterwerfung, anderseits durch die Annahme dieser 
Unterwerfung seitens des provisorischen Organes der zukünftigen Zentral- 
gewalt. Allein dieser Konsens bildet nicht einen Vertrag, sondern ein 
(völkerrechtliches) Abhängigkeitsverhältnis. — Die Gründung des Deutschen 
Reichs erfolgte durch Unterziehungserklärungen der süddeutschen Staaten 
unter die Verfassung des Norddeutschen Bundes und Annahme der Unter- 
ziehungserklärungen seitens der Organe des Norddeutschen Bundes mit 
gleichzeitiger Aenderung der Verfassung zur Reichsverfassung. Zur Unter- 
werfungserklärung hatten sich die süddeutschen Staaten dem Norddeutschen 
Bunde vertraglich (völkerrechtlich) verpflichtet unter der Bedingung, daß 
in der neuen Reichsverfassung bestimmten Postulaten Rechnung getragen 
werde. Diese Verträge haben mit dem Eintritte in den Bund ihre Erfül- 
lung und damit Erledigung gefunden. Sie haben nur noch historische Be- 
deutung, HÄner, Studien I S. 87f. 
22 Während bei der Gründung des Staatenbundes der Einzelstaat sich 
grundsätzlich nur als solcher unterwirft, dehnt er bei der Gründung des 
Bundesstaates die Unterwerfung zugleich auch nach bestimmten Richtungen 
hin auf seine Mitglieder aus. Es entseht so ein völkerrechtliches Unter- 
werfungsverhältnis unter die Zentralgewalt, für die Einzelstaaten unmittel- 
bar und für die Bürger derselben teils mittel- teils unmittelbar. Das völker- 
rechtliche Unterwerfungsverhältnis begründet für die Zentralgewalt ein 
(völkerrechtliches) Recht auf Beherrschung und für die Einzelstaaten und 
deren Glieder die völkerrechtliche Pflicht des Gehorsams. Die Zugehörig- 
keit (Mitgliedschaft) des Einzelstaates und des einzelnen Bürgers zum Bun- 
desstaate ist, wie die Zugehörigkeit zum Staate überhaupt, völkerrechtlicher 
Natur. — Denkbar wäre die Entstehung des Bundesstaates auch so, daß 
ein zentralisierter Staat durch Verfassungsänderung eigentliche Gliedstaaten 
mit dem nämlichen juristischen Charakter wie derjenige der Glieder in den 
historisch gegebenen Bundesstaaten einführte. Man weist auf Brasilien und 
Australien hin. Allein es ist sehr fraglich, ob wir es hier mit eigentlichen
	        
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