Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 34 (34)

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mit gewissen Freiheiten. Bevölkerung und Gebiet sind einheitlich. 
Auch völkerrechtlich erscheint die Vereinigung der Zentralgewalt 
mit den einzelstaatlichen Gewalten als die Eine Staatsgewalt. 
Das Territorium ist ausschließlich Bundesgebiet, die Bevölkerung 
ausschließlich solche des Gesamtverbandes. Die Kompetenz der 
Einzelstaaten, mit dem Auslande Verträge abzuschließen, er- 
scheint als Kompetenz eines Organes der Gesamtgewalt, in sach- 
lich und örtlich beschränktem Umfange für den Gesamtverband 
Verträge abzuschließen. Deshalb hat auch die Zentralgewalt 
solche Verträge zu respektieren °. Völkerrechtliche Verträge 
zwischen dem Einzelstaate und dem Bundesstaate sind nicht denk- 
bar °®, 
Der Unterschied zwischen dem Staatenbunde und dem Bun- 
desstaate besteht vom formellen Standpunkte aus darin, daß die 
Zentralgewalt beim erstern sich prinzipiell nur gegen die Einzel- 
staaten, beim letztern auch gegen die Bürger richtet. Die poli- 
tischen Rechte stehen deshalb beim erstern nur den Einzelstaaten, 
beim letztern den Einzelstaaten und den Bürgern zu®”. Es kann 
deshalb mit Umgehung der Einbürgerung in die Einzelstaaten 
auch eine unmittelbare Naturalisation stattfinden *. Vom ma- 
teriellen Standpunkte aus verschwindet der Unterschied zwischen 
dem Staatenbunde und Bundesstaate bis auf den Punkt, daß 
3” Vgl. MEYER-AnSCHÜTZ, Staatsrecht S. 236. 
38 TRIEPEL, Völkerrecht und Landesrecht S. 187. 
39 LABAND I S. 97 nimmt für das Deutsche Reich an, daß die Reichs- 
gewalt und -souveränität von den Einzelstaaten als den eigentlichen Mit- 
gliedern des Verbandes gemeinsam, mit Ausschluß der Bürger getragen 
werde. Träger der Reichsgewalt sind aber m. E. alle Reichsorgane. Träger 
der Reichssouveränität im Sinne der höchsten Gesetzgebungsgewalt sind 
Bundesrat und Reichstag. Die politischen Rechte liegen zur Hälfte bei den 
Einzelstaaten, zur Hälfte bei den Wählern. 
4° In den Vereinigten Staaten von Nordamerika ist die Naturalisation 
eine unmittelbare. Das deutsche Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz 
vom 22, Juli 1913 anerkennt, $$ 33—35, ausnahmsweise eine unmittelbare 
Reichsangehörigkeit. Der schweizerischen Gesetzgebung ist die unmittel- 
bare Angehörigkeit zum Bundesstaate bisher noch unbekannt.
	        
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