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DieSouveränitätdereinzelneninnerstaatlichenRechts-
ordnungen. Man kann doch nicht behaupten, daß ein mit Kompetenz-
Kompetenz ausgestattetes, d. h. souveränes Parlament z. B. unvermögend
sein sollte, auf verfassungsmäßigem Wege (also z. B. mit Sanktion
des Monarchen) ein gültiges Gesetz zustande zu bringen, welches alle
Staatsverträge verböte! Das wäre ja Negierung seiner Kompetenz-Kompe-
tenz und Negierung der Einheitlichkeit resp. Geschlossenheit der betreffen-
den Rechtsordnung (z. B. der österreichischen, deutschen, französischen usf.),
Und noch weniger kann man behaupten, daß der Monarch, dertrotz eines solchen
Gesetzes dennoch Staatsverträge abschließt, zwar verfassungswidrig, aber
nicht völkerrechtswidrig handelt. Denn er ist „Monarch“ nur innerhalb
der betreffenden Staatsrechtsordnung und es wird niemanden beifallen zu be-
haupten, daß er auf internationalem Gebiete diese Stellung nur auf Grund
internationaler „Gewohnheiten“ besitzt. Eine Handlung oder Unterlassung
kann nur „rechtmäßig“ oder „unrechtmäßig* sein, falls sie überhaupt
„rechtlich“ in Betracht kommt; keineswegs aber gleichzeitig rechtmäßig
und unrechtmäßig. „Rechtlich in Betracht kommen“ kann sie aber nur
von einer Rechtsordnung aus, was ich eben mit dem Worte „gleich-
zeitig“ ausdrücken wollte. Denn dies ist ein logisches Prinzip jeglicher
normativen Erkenntnis.
Die vorhergehenden Ausführungen, welche nur den konstruktiven Aus-
gangspunkt des Verfassers betrafen, sollen der allgemeinen Bewertung
seiner Schrift keinen Abbruch tun. Denn auch dieser Ausgangspunkt selbst,
den der Referent rechtslogisch für unhaltbar hält, hat für den Verfasser
vorteilhafte Folgen gezeitigt. Weil er eben der Meinung ist, daß die in-
ternationale „Gewohnheit“ resp. Praxis die internationale Norm erzeuge,
hat er sich sehr ausführlich mit der österreichischen Praxis beschäftigt
und seine diesbezüglichen Ausführungen verdienen, was Inhalt wie Form
anbelangt, alles Lob; nicht weniger die scharfsinnigen Untersuchungen
über die einzelnen Österreichischen Verfassungsbestimmungen. In dieser
Hinsicht unterscheidet der Autor drei Gruppen von Staatsverträgen, welche
nach Österreichischem Rechte der parlamentarischen Behandlung bedürfen,
und zwar die das Reich oder Teile desselben belastenden oder einzelne
Bürger verpflichtenden, dann die Handelsverträge und endlich Gebiets-
änderungsverträge. Er untersucht die Tragweite der einzelnen Begriffe —
z. B. inwieweit ein Staatsvertrag als „einzelne Bürger verpflichtend oder
das Reich belastend* anzusehen ist und daher der parlamentarischen Ge-
nehmigung bedarf — und gelangt zu interessanten und klaren Ergebnissen.
Einer speziell österreichisch-rechtlichen Frage ist das X. Kapitel gewidmet,
worin über die Kontroverse gehandelt wird, ob eine sog. Notverordnung
die parlamentarische Genehmigung eines Staatsvertrages supplieren könne.
(Der Verfasser bejaht dies.) Im letzten Kapitel beschäftigt sich der Autor
mit „der Stellung des Parlaments zur Aurhebung der Staatsverträge“ und