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die Sachfunktion zu®. Es fehlt also jeder Anlaß zur Betrach-
tungsweise des Staatsgebietes nach dem Vorbilde des Grundeigen-
tums. Im Gegenteil bestehen zwischen beiden die denkbar größten
Gegensätze. In scharfsinniger Darlegung weist FRICKER® auf
diese Gegensätze hin: „Im Eigentum ist die Sache in ihrer Sub-
stanz dem Willen des Eigentümers unterworfen, er herrscht über
die Sache; die Person ist in sich abgeschlossen; sie ist fertig
ohne die Sache; die Verbindung der Sache mit der Person im
Eigentum ändert daran nichts.* „Das Gebiet ist der Raum der
staatlichen Herrschaft. Der Staat kann sein Wesen nicht dar-
stellen, seine Aufgabe nicht erfüllen ohne räumliche Ausschließ-
lichkeit seines Waltens. Das Gebiet kommt also für den Staat
als Raum in Betracht und ist als solcher ein wesentliches Ele-
ment des Staates selbst, ein Moment ım Wesen des Staates. Der
Staat ist also nicht als Person abgeschlossen ohne das Gebiet,
k:ınn nicht als Person ohne das Gebiet dem Gebiet als einem von
der Person geschiedenen Objekt gegenüber gestellt werden“ ®.
Aus diesen Ausführungen FRICKERs ergibt sich zugleich schon
das Irrtümliche in LABANDs Annahme, daß ein staatsrechtliches
Sachenrecht die Voraussetzung eines seßhaften Volkes, einer staat-
lichen Organisation sei. Die historische Entwicklung und die
patrimonialstaatliche Auffassung des Mittelalters sind für die ge-
genwärtige staatsrechtliche Lage unserer Frage belanglos®. Zu-
gegeben sei die Notwendigkeit einer Grundlage für die Kontinui-
tät und die Einheit des Staates. Die Vorstellung eines fest ab-
gegrenzten Raumes bildet aber eine völlig ausreichende Basis
hierfür. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Objekttheorie ein
besseres Fundament abgeben sollte..e Wenn endlich LABAND die
3 Vgl. auch LABAND im ArchöffR. XX. 579. Dagegen mit Recht RAD-
NITZKY das. XXVIII. 465£. und PAus. MAYER, Die rechtl. Bedeutung des
Staatsgebiets für den Staatsbegriff, 31.
3 (tebiet und Gebietshoheit, 10f., bes. 12ff.
35 FRICKER 10f. Dagegen LABAnD I, 192,
®€ Vgl. auch FRICKER a. a. O. 16 f.