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das Reich zu derartigen Verfügungsakten kompetent. Ihre Vor-
nahme ist allein Sache der Gliedstaaten selbst und diese bedürfen
dazu nach der herrschenden und richtigen Lehrmeinung!® nicht
einmal der Zustimmung des Reiches.
I.
Endlich ist noch des besonderen, theoretisch möglichen Falles
zu gedenken, daß das Reich über ein Stück Reichsgebiet in der
Weise verfügen würde, daß es zwar seinen Wirksamkeitsbereich
um dieses Stück verkleinerte, ohne aber das Stück selhst an einen
fremden Staat abzutreten. Die Folge wäre der Ausschluß
des entsprechenden Teiles gliedstaatlichen Gebietes
zwar nicht aus dem Landes-, wohl aber aus dem Reichsver-
bande. Die Möglichkeit einer solchen Verfügung über das
Reichsgebiet ist entschieden abzulehnen !#, Selbstverständlich
wäre der Gliedstaat aus sich hierzu unzuständig. Aber auch die
Reichskompetenz ist zu leugnen. Wie der einzelne Gliedstaat
weder ganz noch teilweise selbst aus dem Reichsverbande aus-
treten kann — weil das Reich kein völkerrechtlicher, sondern ein
staatsrechtlicher Verband ist, dem jeder Gliedstaat nach Art. 1
und nach anderen Bestimmungen der RV. als Ganzes, d. h. mit
seinem gesamten Gebietsumfange angehören muß —, ebenso ist
es rechtlich ausgeschlossen, daß das Reich von sich aus eine solche
Verfügung träfe und einen Einzelstaat ganz oder zum Teil aus
dem Reichsgebiete ausschlösse.. Aus den zu I gemachten Aus-
führungen!®5 ist eine solche Zuständigkeit des Reiches weder ge-
geben noch begründbar '%®. Und selbst eine Willensübereinstim-
mung des Reiches und des Einzelstaates könnte dieses Ergebnis
nicht zeitigen. „Es würde dies eine Zerreißung dieses Staates
ie Vgl. oben $ 2 zu IL
14 MEYER-AnscHürz $ 164 10u. 12, Preuss 412 f.
165 Vgl. oben.
16€ MnYER-Anscaürz $ 164 1% u. 18, LapanD I, 199.