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Neue Probleme des Körperschaftsrechts und
speziell des Bundesstaates‘.
Ein Vortrag.
Von
Dr. KARL HAFF, Univ.-Prof. in Lausanne.
Schon die griechische Philosophie, die in der Zeit ihrer ara-
bischen Hochkultur eifrig gepflegt und fortgebildet wurde, hat es
versucht, dem Wesen des Staates auf den Grund zu gehen. Ari-
stoteles umschreibt den Staatswillen durch die Summierung der
Einzelwillen. Er ist so noch weit entfernt von den durch die
moderne völker-psychologische Forschung uns gewährten Kennt-
nissen über die Bildung des Volkswillens (vgl. WUNDT, LE Bon,
SIGHELE, KÜLPE, MARBE)?.
Auch im römischen Rechte herrschte die individuelle Betrach-
tung der Verbände vor, indem auf die von der griechischen Phi-
losophie versuchte Summierung der einzelnen, isoliert gedachten
Individuen zurückgegriffen wird. Wir seben aber, daß im römischen
Recht doch schon auf das Bleibende des Gemeinwesens und auf
seine Verschiedenheit von den einzelnen Volksgenossen hinge-
ı Auszug aus einem in der Societe academique musulmane de Lau-
sanne gehaltenen Vortrage.
2 Das Nähere in meinen Grundlagen einer Körperschaftslehre, Teil I
(Leipzig 1915), Gesetze der Willensbildung bei Genossenschaft und Staat,
8. 258. S. 56 ff.