Kriegsvölkerrechtliche Betrachtungen.
Von
Landgerichtsdirektor LANGER in Ratibor.
Bis zum Weltkriege hat anscheinend niemand geglaubt, daß
nach den Konferenzen im Haag von 1899 und 1907 das Kriegs-
völkerrecht noch einmal derart auf ältere Zustände zurückge-
schraubt werden würde, wie es geschehen ist. Wie hat man daran
gearbeitet, aus diesen älteren Zuständen, in denen das Kriegs-
völkerrecht zum großen Teile aus bloßen Ansichten von Gelehrten,
aus Präzedenzfällen und herkömmlichen Uebungen von zweifel-
hafter Autorität bestand, herauszukommen und zu einer Kodifika-
tion zu gelangen, von der man hoffen durfte, daß sie vielen Zwei-
feln und Schwankungen ein Ende bereiten, für alle Kulturnationen
gültiges und angewandtes Recht werden würde. Mit dem Ergeb-
nis der Haager Konferenzen glaubten doch die meisten das vor
der Hand Erreichbare erreicht. Wenn man aber mit den Augen
dessen, der diesen Krieg mitgemacht und miterlebt hat, jenes
Werk betrachtet, so erscheint es einem unfaßbar, daß man es
„als Kulturtat allerersten Ranges“, als „großartiges Produkt
menschlichen Geistes“ bezeichnen konnte. So noch 1914 STRUPP
in seiner Arbeit über das „Internationale Landkriegsrecht“. Man
fragt sich, ob es nicht richtiger ist, sich dem Urteil der Pazifisten
über die Haager Konferenzen anzuschließen, die „vom völligen
Bankerott der Kriegshumanisierung und Kriegsreglementierung*“,