Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 37 (37)

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Satzes „lex posterior derogat priori“ aus — aus dem Grunde aus, 
weil man mit diesem Satze — wiederum in seiner Bedeutung als 
rechtsiogisches Prinzip — jedes beliebige und auch ein von 
dem vorausgesetzten abweichende Rechtssystem konstruieren kann. 
Und hat man das einheitliche Rechtssystem im Ausgangspunkte, 
als Voraussetzung, wozu bedarf man überhaupt eines Prinzipes, 
um es erst zu konstruieren? Der Satz von der lex posterior als 
denklogisches Prinzip ist bei solcher Voraussetzung undenkbar und 
unbrauchbar. 
Ein praktisches Bedürfnis nach seiner Anwendung mag nun 
freilich im höchsten Grade gegeben sein. Fast möchte man glauben, 
was näher zu untersuchen hier freilich nieht unsere Aufgabe sein 
kann, daß gerade dieses praktische Bedürfnis seine Festwurzelung 
im juristischen Denken, — jetzt ist er wohl unausrottbar mit jeder 
Jurisprudenz verwachsen — herbeigeführt hat. Das modernste 
Recht wird einmal reformbedürftig. Das ist die Antinomie des 
Rechtes, daß es seinem Wesen nach ewig ist, (um dies zu sein, 
braucht es sich nicht einmal als Naturrecht zu geben), daß es 
aber nur zeitlich wertvoll ist und daß ein Zeitpunkt (oft ein bei 
der Setzung des an sich ewigen Satzes bereits vorausgesehener 
Zeitpunkt) notwendig herankommt, wo es wertlos wird oder sogar 
negativen Wert annimmt. Nun gibt es Mittel, diese dem Gesetze 
eigentümliche formale Ewigkeit in eine materielle Zeitlichkeit, die 
formale Unabänderlichkeit in eine materielle Abänderbarkeit 
abzubiegen; man will aber vor dem Zufalll gesichert sein, daß 
die Rechtsschöpfer, sei es aus Unkenntnis oder aus irgendeiner 
anderen Ursache von diesem in ihre Macht gelegten Mittel nicht 
Gebrauch gemacht haben, und stellt daher etwas, was nur im 
Machtbereiche der positiven Rechtsordnung gelegen ist, als Postu- 
lat der Logik hin, das es in Wirklichkeit nicht ist?%. Doch kann 
3° Keine unvoreingenommene logische Untersuchung wird zu der Er- 
kenntnis kommen, daß einem späteren Gesetze vor einem jüngeren der 
Vorzug gebühre. Das oft sehr begründete Urteil dieses Inhaltes ist im 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXVII. 1. 6
	        
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