Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 38 (38)

— 12 — 
stehe. Ob deshalb nicht vom Reiche Widerspruch erhoben wer- 
den könnte, daß sich ein Bundesstaat also enteigne, vielmehr, ob 
nicht seine gestattende Mitwirkung erforderlich wäre, ist eine 
manchmal aufgeworfene Frage. Wenn wir sie verneinen, sind 
wir uns wohl bewußt, daß damit der, von der Reichsverfas- 
sung — einstmals — vorausgesetzte Bestand der fünfundzwanzig 
Bundesstaaten angegriffen wird. Wir sind deshalb auch Begrün- 
dung schuldig, behalten sie uns aber gemeinsam mit der Be- 
sprechung der sich aus Gebietsveränderungen ergebenden 
Verhältnisse vor. 
Und nunmehr zu diesem! Grenzberichtigung, größere Ge- 
bietsabtretung, Einverleibung, Verschmelzung, Teilung sind die 
Vorgänge, auf die wir unser Augenmerk zu richten haben. Dabei 
beobachten wir, daß die ersten beiden die Zahl der fünfundzwanzig 
Bundesstaaten unberührt lassen, die nächstfolgenden zwei sie min- 
destens um einen verringern, der letzte aber um mindestens einen 
vermehrt. Daß wir Grenzberichtigung und Gebietsteilabtretung 
in den Bereich dieser Erörterung ziehen, geht deswegen an, weil 
sie sich als Vorstufe der Einverleibung des ganzen Staatsgebietes, 
sei es durch Aufnahme oder Verschmelzung, vorlagern, aber auch 
aus dem Grunde, weil manchmal auf die so bedingte Machtverschie- 
bung der Fortbestand der Stimmenverteilung in Art. 6 RV. ab- 
gestellt wird. 
Die Reichsverfassung spricht von der Gesamtheit der deut- 
schen Bundesstaaten an drei Stellen, im Eingange, wo die Staaten 
des ehemaligen Norddeutschen Bundes aus dessen Grundgesetz zu 
ergänzen sind, in Art. 1 und Art. 6 ihres Textes. Bedeutung als 
Rechtssatz kommt nur den beiden letzten Stellen zu, der Eingang 
erfüllt ausschließlich eine geschichtlich-erzählende Aufgabe. Man 
hat nun aber sowohl dem Art. 1 wie dem Art. 6 die Bedeutung 
beigemessen, daß sie eine Bestandsgewähr für die fünfundzwanzig 
Bundesstaaten bilden, die Fortdauer dieser fünfundzwanzig Staats- 
wesen als Reichsglieder sicherstellen. Beide Male zu Unrecht.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.