Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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auch für die Zukunft mit ausgiebiger Anwendung des schönen Rechtsinsti- 
tutes der „völkerrechtlichen Interdiktion* — zur Strafe sagt sie? Ja wohl, 
eine vernichtende Strafe, die, einmal „organisiert“, jedem Volke bevorsteht, 
das durch wirtschaftliche Tüchtigkeit störend wird. 
Das mußte nber alles so kommen, damit wir inne werden. daß alle 
organisatorische Ausgestaltung von Rechtszwang auf diesem Boden 
im entscheidenden Augenblick nichts ist als eine Waffe der Selbtsucht und 
alle juristische Formel nur ein Gaukelspiel für die schnödeste Lüge und Heu- 
chelei. Nichts anderes ist, so lange wenigstens, als hier die Hauptsache fehlt, 
die wir Juristen nicht schaffen können: nennen wir es Moral, Sittlichkeit, 
Gottesfurcht. Das muß eine Macht werden auch im Verhältnis zwischen 
Völkern, sonst ist alles Völkerrecht ein zierlicher Schmuck in kleinen 
Dingen und ein leerer Schein, sobald die Sache ernst wird. 
Für den Juristen aber ist es überall eine Hauptaufgabe, daß er sich 
bewußt bleibe, wo die Grenzen der Macht sind, welcher er dient, 
O. M. 
Dr. Fritz Stier-Somlo, Professor des öffentlichen Rechts, Die Verfas- 
sungsurkunde der VereinigtenStaatenvon Deutsch- 
land (demokratische Reichsrepuvlik). Ein Entwurf mit Begründung. 
Tübingen, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1919. V u. 103 S. 
Es gibt natürlich für einen deutschen Juristen zur Zeit keine lockendere 
Aufgabe, als etwas beizutragen zu der Gestaltung der künftigen Reichs- 
verfassung, dem Gesetzgeber, um mit LABAND zu reden, hier beizustehen bei 
der „Formulierung des Gesetzesinhalts*. Auch wo ein unmittelbarer Er- 
folg zunächst nicht erzielt wird, kann dergleichen immer noch wertvoll 
werden durch die scharfe Beleuchtung, in welche dabei die zugrunde 
liegenden Rechtsanschauungen treten. 
Der Verfasser arbeitet mit der nisher herrschenden liehre vom Bundes- 
staate: der Deutsche hat zweierlei Staaten über sich, zunächst seinen be- 
sonderen Einzelstaat und darüber dann noch einmal den Reichsstaat; beide 
sind richtige Staaten, beide besitzen Souveränität, der Einzelstaat aller- 
dings nur eine begrenzte (S. 53). Das Neue soll jetzt bloß sein, daß das 
eine wie das andere Staatswesen künftig republikanische Verfassung hat. 
Man kann die Sache ja auch anders nehmen und z. B. der Meinung sein, 
daß mit der „Selbstorganisation* des amerikanischen Gesamtvolkes durch 
die Verfassung von 1787 zum Gesamtstaat der Union die „states“ aufge- 
hört haben, souverän und Staaten zu sein. Auf die Belassung des Namens 
xommt es nicht an. Diese Idee stand hinter dem ersten Entwurf PREUSS. 
Die Denkschrift dazu (Ziff. 1) verweist zunächst auf das alte bismarckische 
Reich mit seinem „Förderalismus“, seinen Anklängen an den „ewigen 
Bund“ und seinen „verbündeten Regierungen‘. Dann kommt die „neue 
deutsche Republik“: sie muß „demgegenüber unzweifelhaft als im wesent-
	        
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