Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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Richter auch selbst entscheiden, ob bei Nichtigkeit eines Teiles 
einer ortsgesetzlichen Bestimmung der Wille des Gesetzgebers 
dahin gerichtet gewesen ist, daß auch die anderen gleichzeitig 
erlassenen Bestimmungen nichtig sein sollten. Die Regel des $ 293 
der Zivilprozeßordnung über die Beweispflicht der Parteien hin- 
sichtlich ortsgesetzlicher Bestimmungen kommt hier nicht in Be- 
tracht. Sie bezieht sich nur auf das Vorhandensein einer 
ortsgesetzlichen Vorschrift überhaupt, nicht auf deren Ausle- 
gung". Diese Auslegung bleibt Sache des Richters, der dabei 
an Beweisregeln nicht gebunden is. Um einige Beispiele zu 
geben, so wird ein innerer Zusammenhang der Vorschriften des 
Ortsstatuts zu verneinen sein, wenn darin einerseits Vorschriften 
über Reisekosten ($ 6 KBG.) oder über die Benutzung einer Dienst- 
wohnung durch die Hinterbliebenen ($ 5 KBG.), anderseits über 
die Gewährung von Ruhegehalt ($ 12 KBG.) getroffen sind, da- 
gegen wird ein innerer Zusammenhang der Vorschriften anzu- 
nehmen sein bei einem Ortsstatut, das einerseits eine Festsetzung 
der Besoldung der Kommunalbeamten ($ 11 KBG.), anderseits Ab- 
weichungen von dem Grundsatz der Anstellung auf Lebenszeit 
($ 9) oder Bestimmungen über Ruhegehalt ($ 12) enthält. 
2. Eine weitere Schranke wird durch das einmal erworbene 
subjektive Recht des einzelnen begründet. Das „wohlerworbene 
Recht“ hat dem Ortsstatut gegenüber eine ganz andere Tragweite 
als gegenüber dem staatlichen Gesetz. Während die staatliche 
Gesetzgebung auch über das wohlerworbene Recht hinweggehen 
kann, steht der Satzungsbefugnis der Gemeinden das subjektive 
Recht des einzelnen grundsätzlich gleichgeordnet gegenüber '*. 
Der Rechtsgrund dafür ist in alten naturrechtlichen Anschauungen 
15 Vgl. Stem, ZPO. 10. Aufl, Anm. V zu $ 29. 
16 Diese Beschränkung der Autonomie der Gemeinden ist in dem bis- 
herigen Schrifttum nicht in der nötigen Schärfe hervorgekehrt. In dem 
Werke von Kınne, Die Autonomie der Kommunalverbände in Preußen, 
findet sich nichts darüber. Die Rechtsprechung enthält nur gelegentliche 
Hinweis
	        
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