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der deutschen Staatsrechtstheorie seiner Zeit allgemein aufgestell-
ten Grundsatzes an, daß alle Privilegien, welche durch Angabe
falscher und Unterdrückung wahrer Tatsachen erschlichen worden
(exceptio sub — et obreptionis) von dem Regenten, selbstver-
ständlich ohne Entschädigung, widerrufen werden könnten!®. Der
8 8, obwohl einen Singularfall betreffend, deutet demnach ein all-
gemeines, für selbstverständlich erachtetes Prinzip der preußischen
Rechtsentwicklung an, um so mehr als schon der Landrechtsgesetz-
geber bei der Aufzählung der Erlöschungsgründe der Privilegien
in $ 62—72 Einleitung es für überflüssig befunden hat, der Zu-
rücknahme eines erschlichenen Privilegs allgemein Erwähnung zu
tun. Es kann daher noch jetzt als eine sichere Tatsache des
preußischen Verwaltungsrechts angesehen werden, daß jedenfalls
durch Täuschung der Behörde erschlichene Verwaltungsakte von
der Behörde jederzeit für kraftlos erklärt werden können — „es
wäre denn, daß das Gesetz dies ausdrücklich ausgeschlossen hätte“.
Endlich hat auch noch das Reichsgericht selbst (III C. S. vom
3. Januar 1914) in einer Rechtssache aus dem ehemaligen Land-
rechtsgebiet ausgesprochen, daß „zu den regelmäßigen, allgemein
anerkannten Beendigungsgründen des Dienstverhältnisses eines
Staatsbeamten, wie Tod, Dienstentlassung auf Antrag mit oder
ohne Ruhegehalt, Dienstentlassung im Disziplinarverfahren, Kün-
digung oder Widerruf auf Grund entsprechenden Vorbehalts, noch
ein weiterer tritt, der Ausspruch der Unwirksamkeit der An-
stellung infolge eines festgestellten wesentlichen Mangels des An-
stellungsakts* — insbesondere „wenn die Anstellungsbehörde sich
hierbei in einem wesentlichen Irrtum befunden oder vom Kläger
arglistig getäuscht worden sei“. In Ermanglung selbständiger
Vorsehriften des öffentlichen Rechts erachtet es das Reichsgericht
zugleich als bedenkenfrei, „die auf dem insoweit rechtsähnlichen
Gebiete des bürgerlichen Vertragsrechts bestehenden Bestimmungen
10 PUETTER, Institutionen $ 228. Verwaltungsarchiv 16, 578.
Archiv des öffentlichen Rechts, XXXIX. 2. 11