Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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Die nächste Folge des Umstandes, daß es sich um öffentliches 
Recht handelt, ist, daß die Schuld und die Haftung ohne Rück- 
sicht auf das Wollen oder Nichtwollen des einzelnen entstehen. 
Er kann sich zwar in vielen Fällen ohne Rechtsverletzung dem 
Entstehen der Steuerschuld entziehen, wenn er sein Einkommen 
aufgibt, wenn er das Eigentum am Grundstück an andere über- 
trägt, wenn er sein Gewerbeunternelimen aufgibt, wenn er kein 
Erbe erwirbt u. dgl. Es lassen sich kaum Fälle denken, in denen 
er sich der Steuerschuld nicht letzten Endes entzielien könnte. 
Praktisch ist dies jedoch nur dann möglich, wenn er sich vom 
Zusammenleben mit der Mitwelt ausschließt oder seine Lebens- 
bedürfnisse auf ein Mindestmaß einschränkt. Der Finanzpolitiker 
wird wohl beachten müssen, ob seine Pläne nicht dazu führen, 
daß der Rechtsverkehr und das Wirtschaftsleben ertötet werden 
oder seine Untertanen dazu veranlaßt werden, sich dem Leben im 
Staate zu entziehen. Gegen eine derartige Steuerflucht wird er 
rechtzeitig Vorsorge treffen müssen. Für die Rechtsfrage kommt 
das jedoch gar nicht in Betracht. Es kommt nieht darauf an, ob 
der einzelne sich dem Entstehen der Steuerschuld entziehen kann. 
Die Schuld entsteht nicht auf Grund seines freien Willens, son- 
dern gründet sich auf ein Zwangsrecht. Eine Willenserklärung 
— den Ausdruck Vertrag wollen wir mit Rücksicht auf die dies- 
bezüglich bestehenden Streitfragen vermeiden — kann nur aus- 
nahmsweise, so bei der Verpachtung und Abfindung, auf die finanz- 
rechtliche Schuld bestimmend einwirken. Desgleichen gründet sich 
eine Haftung nur selten auf eine Haftungserklärung, in der Regel 
ist ihr Grund der objektive Rechtssatz. Auch einer Haftung kann 
man in vielen Fällen durch Enthaltung von Rechtsbeziehungen 
entgehen. Aber auch hier kommt es für das praktische Leben 
nicht auf diese letzte vorhandene Möglichkeit an. Die Entstehung 
einer finanzrechtlichen Schuld durch eine unerlaubte Handlung 
(Steuerstrafe) wollen wir in der gegenwärtigen Abhandlung außer 
Betracht lassen. Schuld und Haftung entstehen auf dem Gebiet 
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