Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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Rechte an und benötigt keine Gerichte. Wenn letzteren in man- 
chen Staaten eine Entscheidungsmacht über finanzielle Ansprüche 
eingeräumt ist, oder die zwangsweise Beitreibung ihrer Mithilfe 
bedarf, so beruht dies auf organisatorischen Bestimmungen. 
Der öffentlichrechtliche Charakter der finanzrechtlichen Schuld 
und Haftung bedeutet weiterhin, daß es sich um Zahlungen im 
öffentlichen Interesse handelt. Wer eine Steuerschuld 
zahlt, befriedigt kein ihm fremdes Interesse, sondern ein solches, 
welchem er selbst nahe steht. Wenn der A dem B eine privat- 
rechtliche Schuld zahlt, so kommt er seinen Rechtspflichten nach, 
hat aber weiter kein Interesse daran. Es fällt ihm gar nicht ein, 
auf Grund dieser Schuldzahlung mit Ansprüchen hervorzutreten. 
Zahlt der Staatsbürger aber eine Steuerschuld, so geht ihm dies 
viel näher. Er beruft sich mit Vorliebe bei jeder passenden Ge- 
legenheit auf seine Steuerleistung, vor allem auf die gezahlten 
direkten Steuern, stellt daraufhin Ansprüche an die Leistungen der 
öffentlichen Gewalt und verlangt Berücksichtigung seiner wirt- 
schaftlichen, sozialen, kulturellen, politischen und sonstigen Inter- 
essen. Damit beweist er, daß er nicht im fremden Interesse, son- 
dern im Interesse der Gesamtheit und in seinem eigenen Interesse 
handelt, wenn er dem Staate gibt, was des Staates ist. Verhin- 
dert er, trotzdem er seiner Schuldigkeit nachkommen könnte, die 
Vorschreibung und Abtragung der Steuerschuld, um ihr zu ent- 
gehen, so setzt er sich einer oft recht empfindlichen Strafe aus®. 
Lediglich ein gesunkenes Gemeinsamkeitsgefühl und ein übertrie- 
bener Einschlag privatrechtlicher Auffassungen konnte dazu füh- 
ren, daß der Zusammenhang zwischen der Steuerschuld und dem 
Interesse der Gesamtheit sowie dem eigenen Interesse des Schuld- 
ners an der Leistungsfähigkeit des Staates gelockert wurde. Jeder 
Steuerschuldner und ebenso jeder für eine Steuer haftende trägt 
  
® Nichtzahlung einer bereits vorgeschriebenen Steuer führt allerdings 
nur zur zwangsweisen Beitreibung (ziviles Finanzunrecht, FRANZ MEISEL, 
Finanzarchiv V S. 10).
	        
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