Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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Zwang ausgeübt, welcher allerdings nur ein indirekter sein kann. 
Das Veranlagungsorgan hat: die Pflicht, die Angaben des Bekennt- 
nisses zu überprüfen. Bei auftauchendem Bedenken hat das 
Veranlagungsorgan, fast wie der Richter, das Recht, Beweise zu 
fordern, Zeugen und Sachverständige einzuvernehmen und vom 
Steuerschuldner Belege, Büchervorlage usw. zu verlangen. Das 
überreichte Bekenntnis und die Aufklärungen müssen aber auch, 
um ihren Zweck zu erfüllen, richtig sein d.h. dem materiellen 
Zustand entsprechen. Daher drohen dem Steuerschuldner, wenn 
ihn an der Unrichtigkeit ein Verschulden trifft, Strafen. Aus dem 
Bekenntnis ersehen wir, was den Inhalt betrifft, nur den Besteue- 
rungsgegenstand oder Merkmale desselben, nicht aber die Höhe 
der Steuerschuld selbst. 
Das Bekenntnis hat weiter insofern materielle Bedeutung, als 
es die Grundlage für die Festsetzung der Steuerschuld bildet *°. 
Häufig sagt das Gesetz ausdrücklich, daß die vorliegende Steuer- 
erklärung der Veranlagung zugrunde zu legen ist??”. Sie hat da- 
mit den Charakter eines Antrages der Partei, an den das Ver- 
anlagungsorgan bis zum Gegenbeweis gebunden ist. Selbstver- 
ständlich kann die Erklärung nicht die alleinige Grundlage bilden. 
In der Würdigung der angegebenen oder sonst ermittelten Tat- 
sachen und der erbrachten Beweise, sowie in der Rechtsauffassung 
haben die Veranlagungsorgane bald größere, bald geringere Frei- 
heit. Die Entwicklung geht dahin, ihnen eine möglichst voll- 
kommene Freiheit einzuräumen, so daß sie nach bestem Wissen 
1° Der Steuerschuldner ist z. B. nach badischem Recht in der Regel an die 
Steuererklärung gebunden (keine Anfechtung, keine Rückforderung von 
Mehrzahlungen bei absichtlich zu hohen Angaben), aber eine rein formelle 
Bedeutung wohnt ihr nicht inne, sondern sie ist eine vom Gesetz verlangte, 
nach bestem Wissen und Gewissen abzugebende Erklärung über tat- 
sächliche Verhältnisse. Rechtsprechung des badischen VGH. IIl 1289, 1291, 
1292. 
7 2. B. 841 des preuß. EinkStG. in der Fassung vom 19. Juni 1906; 
Art. 46 des bayer. EinkStG. vom 14. Aug. 1910.
	        
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