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den auch nach österreichischem Recht rückständige Realsteuern
von dem neuen Erwerber der Sache eingefordert. Die Haftung
hat jedoch mit der Person ®° noch weniger zu tun als in Sachsen;
nirgends ist eine Vertretungspflicht des neuen Erwerbers bezüglich
der Rückstände des Vorbesitzers festgesetzt. Zahlt der Haftende
den von ihm verlangten Betrag, so ist eine weitere Frage be-
deutungslos; es bleibt ihm lediglich das Regreßrecht gegen den
Vorbesitzer offen. Erst wenn er die Zahlung verweigert oder
unterläßt, tritt der wahre Charakter der Sachhaftung hervor. Der
Staat kann nur auf die haftende Sache, nicht auf das übrige
Vermögen des bloß mit seiner Sache, nicht auch persönlich Haf-
tenden greifen. Die echte sachliche Haftung ist demnach jenes
Rechtsverhältnis, kraft dessen dem Staate eine Herrschaftsmacht
über die Sache selbst eingeräumt ist, welehe den Zugriff des Staates
auf die Sache, aber nur auf diese Sache zur Erlangung der Ge-
nugtuung für die nicht oder nicht ausreichend geleistete Schuld
ohne bzw. gegen den Willen des privatrechtlich Verfügungsbe-
rechtigten ermöglicht. Eine bloße Beschränkung der Verfügungs-
macht des Steuerschuldners oder eines sonst privatrechtlich Ver-
fügungsberechtigten ohne Zugriffsmacht des Staates, wie z. B. eine
Sperrverfügung begründet noch keine Haftung, spielt aber als
Sicherungsmaßregel, da sie indirekt einen Zwang auszuüben im-
stande ist, eine große Rolle.
Die juristische Form der Zugriffsmacht des Staates auf die
Sache selbst ist das gesetzliche Pfandrecht, ein von Gesetzes wegen
bestehendes Recht an der Sache selbst. Der Staat braucht es nicht
erst zu begründen, sondern lediglich geltend zu machen. Ein solches
gesetzliches Pfandrecht besteht an unbeweglichen Gütern für die
Grund- und Gebäudesteuer, an Realitäten für die Erwerbsteuer und
an steuerpflichtigen Rentenbezügen für die auf Grund von Bekennt-
nissen bemessene Rentensteuer samt Nebengebühren®. Von wesent-
6°” Erkenntnis des österr. VGH. Bupwiınskı 6477 F. v. 1908.
ı *® Das gesetzliche Pfandrecht bildet bei der Grund- und Gebäudesteuer
die Regel, bei den Personalsteuern die Ausnahme. Bei den letzteren be-