Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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den auch nach österreichischem Recht rückständige Realsteuern 
von dem neuen Erwerber der Sache eingefordert. Die Haftung 
hat jedoch mit der Person ®° noch weniger zu tun als in Sachsen; 
nirgends ist eine Vertretungspflicht des neuen Erwerbers bezüglich 
der Rückstände des Vorbesitzers festgesetzt. Zahlt der Haftende 
den von ihm verlangten Betrag, so ist eine weitere Frage be- 
deutungslos; es bleibt ihm lediglich das Regreßrecht gegen den 
Vorbesitzer offen. Erst wenn er die Zahlung verweigert oder 
unterläßt, tritt der wahre Charakter der Sachhaftung hervor. Der 
Staat kann nur auf die haftende Sache, nicht auf das übrige 
Vermögen des bloß mit seiner Sache, nicht auch persönlich Haf- 
tenden greifen. Die echte sachliche Haftung ist demnach jenes 
Rechtsverhältnis, kraft dessen dem Staate eine Herrschaftsmacht 
über die Sache selbst eingeräumt ist, welehe den Zugriff des Staates 
auf die Sache, aber nur auf diese Sache zur Erlangung der Ge- 
nugtuung für die nicht oder nicht ausreichend geleistete Schuld 
ohne bzw. gegen den Willen des privatrechtlich Verfügungsbe- 
rechtigten ermöglicht. Eine bloße Beschränkung der Verfügungs- 
macht des Steuerschuldners oder eines sonst privatrechtlich Ver- 
fügungsberechtigten ohne Zugriffsmacht des Staates, wie z. B. eine 
Sperrverfügung begründet noch keine Haftung, spielt aber als 
Sicherungsmaßregel, da sie indirekt einen Zwang auszuüben im- 
stande ist, eine große Rolle. 
Die juristische Form der Zugriffsmacht des Staates auf die 
Sache selbst ist das gesetzliche Pfandrecht, ein von Gesetzes wegen 
bestehendes Recht an der Sache selbst. Der Staat braucht es nicht 
erst zu begründen, sondern lediglich geltend zu machen. Ein solches 
gesetzliches Pfandrecht besteht an unbeweglichen Gütern für die 
Grund- und Gebäudesteuer, an Realitäten für die Erwerbsteuer und 
an steuerpflichtigen Rentenbezügen für die auf Grund von Bekennt- 
nissen bemessene Rentensteuer samt Nebengebühren®. Von wesent- 
6°” Erkenntnis des österr. VGH. Bupwiınskı 6477 F. v. 1908. 
ı *® Das gesetzliche Pfandrecht bildet bei der Grund- und Gebäudesteuer 
die Regel, bei den Personalsteuern die Ausnahme. Bei den letzteren be-
	        
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