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tragenen faktischen Besitzer des Grundstückes eine haftungslose
Schuld, d.h. eine Schuld ohne eigene Haftung. Dieselbe wird jedoch
nur selten praktische Bedeutung erlangen. Der gleiche Zusammen-
hang ist allem Anschein nach auch bei der bayrischen Grundsteuer
gegeben, wenn auch die Ausdrucksweise des Gesetzes vom 4. No-
vember 1910 nicht ganz klar ist. Die Umschreibung im Kataster
soll die Veränderung in der Person derjenigen, an die sich der
Staat hält (Haftung), anzeigen. Das Streben geht nach $ 72 da-
hin, den Eigentümer haftbar zu machen. Gibt er ohne Ueber-
tragung des Eigentums den Eigenbesitz einem anderen, so haftet
er nach $ 83 wenigstens neben dem letzteren. Hinsichtlich der
vor der Anmeldung der Veränderungen bis zur wirklichen Um-
schreibung fällig werdenden Steuern hält sich der Staat an den
Besitzer; der nichtbesitzende Eigentümer ist daher, solange die
Umschreibung noch nicht vollzogen ist, ein Steuerschuldner, wel-
cher nicht oder höchstens mithaftet.
Der umgekehrte Rechtszustand, die Haftung ohne eigene
Schuld, findet sich überall dort, wo eine persönliche Haftung über
den Kreis der Schuldner auf andere Personen ausgedehnt ist.
Fälle dieser Art haben wir bereits im vorhergehenden Abschnitt
angeführt. Dem Grundgedanken der bloßen Haftung entsprechend
sollte man meinen, daß sie nur dann zur Geltung kommt, wenn
die Schuld nicht oder nicht ganz vom Schuldner gezahlt wird und
auch von ihm nicht eingebracht werden kann. Dann wäre aber
die Stellung des fordernden Staates eine sehr schwache. Die
Haftung kann keine bloße Ausfallshaftung bleiben, sondern muß
zu einer Mithaftung ausgestaltet werden. Dies ist auch in den
Steuergesetzen zumeist der Fall. Es ist dann nur ein formeller
Schritt, wenn die Mithaftung bezeichnet und aufgefaßt wird als
eine Teilnahme an der Schuld. So heißt es im $ 6 des badischen
VermSt6. vom 28. September 1906/27. Mai 1910: „Für die Steuer
der in $4A Ziffer II genannten Pflichtigen haften sämtliche Teil-
haber, Vorstände und sonstige berufene Vertreter als Selbst-