Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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tragenen faktischen Besitzer des Grundstückes eine haftungslose 
Schuld, d.h. eine Schuld ohne eigene Haftung. Dieselbe wird jedoch 
nur selten praktische Bedeutung erlangen. Der gleiche Zusammen- 
hang ist allem Anschein nach auch bei der bayrischen Grundsteuer 
gegeben, wenn auch die Ausdrucksweise des Gesetzes vom 4. No- 
vember 1910 nicht ganz klar ist. Die Umschreibung im Kataster 
soll die Veränderung in der Person derjenigen, an die sich der 
Staat hält (Haftung), anzeigen. Das Streben geht nach $ 72 da- 
hin, den Eigentümer haftbar zu machen. Gibt er ohne Ueber- 
tragung des Eigentums den Eigenbesitz einem anderen, so haftet 
er nach $ 83 wenigstens neben dem letzteren. Hinsichtlich der 
vor der Anmeldung der Veränderungen bis zur wirklichen Um- 
schreibung fällig werdenden Steuern hält sich der Staat an den 
Besitzer; der nichtbesitzende Eigentümer ist daher, solange die 
Umschreibung noch nicht vollzogen ist, ein Steuerschuldner, wel- 
cher nicht oder höchstens mithaftet. 
Der umgekehrte Rechtszustand, die Haftung ohne eigene 
Schuld, findet sich überall dort, wo eine persönliche Haftung über 
den Kreis der Schuldner auf andere Personen ausgedehnt ist. 
Fälle dieser Art haben wir bereits im vorhergehenden Abschnitt 
angeführt. Dem Grundgedanken der bloßen Haftung entsprechend 
sollte man meinen, daß sie nur dann zur Geltung kommt, wenn 
die Schuld nicht oder nicht ganz vom Schuldner gezahlt wird und 
auch von ihm nicht eingebracht werden kann. Dann wäre aber 
die Stellung des fordernden Staates eine sehr schwache. Die 
Haftung kann keine bloße Ausfallshaftung bleiben, sondern muß 
zu einer Mithaftung ausgestaltet werden. Dies ist auch in den 
Steuergesetzen zumeist der Fall. Es ist dann nur ein formeller 
Schritt, wenn die Mithaftung bezeichnet und aufgefaßt wird als 
eine Teilnahme an der Schuld. So heißt es im $ 6 des badischen 
VermSt6. vom 28. September 1906/27. Mai 1910: „Für die Steuer 
der in $4A Ziffer II genannten Pflichtigen haften sämtliche Teil- 
haber, Vorstände und sonstige berufene Vertreter als Selbst-
	        
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