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thinge und die Wahlen zu ihnen eine politische Bedeutung.
Nun wurde durch das Wahlgesetz vom ?6. Mai 1909 für die
zweite Kammer das allgemeine Stimmrecht mit Verhältniswahl
eingeführt. Die Zusammensetzung der ersten Kammer blieb zwar
unberührt. nur sollte auch bei ihrer Wahl die Verhältniswahl
stattfinden.
Die Wahlreform von 1909 erstreckte sich aber auch auf das
Gemeindewahlrecht, nicht in dem Sinne, daß auch hier das allge-
meine Stimmrecht eingeführt worden wäre. aber doch mit Er-
mäßigung der bisherigen Abstufungen, wenn auch unter Beibe-
haltung von Verschiedenheiten von Stadt und Land.
Auf dem Lande sollte nunmehr ein Einkommen bis zu
1000 Kronen eine Stimme für je 100 Kronen geben, bei höherem
Einkommen entfiel je eine weitere Stimme auf 500 Kronen. In
den Städten gab es bis zu 2000 Kronen Einkommen eine Stimme
für je 100 Kronen, dann für je weitere 500 Kronen je eine
Stimme. In Stadt und Land würde aber nunmehr die Höchstzahl
von Stimmen, die ein Stimmberechtigter haben konnte, auf 40
festgesetzt.
Mit der hierin liegenden Erweiterung des Stimmrechtes hielt
man aber gleichzeitig gewisse Sicherungen gegen dessen Mißbrauch
namentlich nach der finanziellen Seite für geboten. Insbesondere
wurde für gewisse kommunale Beschlüsse das Erfordernis der
Zweidrittelmehrheit in der kommunalen Vertretung aufgestellt, so
für Aufgabe von Grundeigentum und daraus fließenden Rechten,
Bewilligung von Ausgaben für neue Unternehmungen und Be-
dürfnisse, sowie von Ausgaben, wofür die Mittel durch Anleihe
aufgebracht werden sollen.
Auf liberaler Seite war man anfangs über die Reform des
Gemeindestimmrechtes höchlichst befriedigt, zumal sie ausreichend
erschien, damit die Melırheit in der ersten Kammer zu gewinnen.
Doch diese Hoffnung enttäuschte. Nach den Wahlergebnissen
von 1912—1917 zählte die erste Kammer 88 Konservative, 45 Libe-