Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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II. Die Ermessensfrage. 
Fryatt durfte zum Tode verurteilt werden. Aber er mußte 
nicht. Zunächst brauchte das Verfahren gegen ihn nicht eröffnet 
zu werden; jedenfalls wird in der Ausländerverordnung die Strafver- 
folgungspflicht, das sog. Legalitätsprinzip, nicht ausdrücklich aus- 
gesprochen %. Dann ist die Todesstrafe nicht die einzige ange- 
drohte Strafe. Nach $ 4 EG.z. RStGB. tritt die Todesstrafe nur 
an die Stelle der lebenslänglichen Zuchthausstrafe. 8 88 RStGB. 
droht aber neben der lebenslänglichen Zuchthausstrafe wahlweise 
lebenslängliche Festungshaft an. Auch der Hinweis auf den Kriegs- 
gebrauch in Ziff. 99 der Prisenordnung gewährt Wahlfreiheit 
zwischen Todesstrafe und milderen Strafarten!!. Ferner war die 
Schnelligkeit des Verfahrens in das pflichtmäßige Ermessen des 
Feldgerichts gestellt; eine Vertagung zwecks Ladung eines weiteren 
Verteidigers z. B. war also möglich, wenn auch nicht gesetzlich 
notwendig. Endlich bestand auch für den Gerichtsherrn des 
Marinekorps keine Nötigung zur Bestätigung des Urteils. Denn 
die Ausländerverordnung hat die Prüfung des Befehlshabers nicht 
auf die Rechts- und die Tatfrage beschränkt. 
Ob von dem so gewährten freien Ermessen überall der rich- 
tige Gebrauch gemacht wurde, läßt sich nur nach persönlichen 
Ansichten, nicht nach Rechtsgrundsätzen entscheiden. Je nachdem 
man auf die Gefährlichkeit des Tuns oder die Gesinnung des 
Täters das größere Gewicht legt, wird man das Verfahren und 
das Urteil billigen oder mißbilligen. Das Recht ist an der Ent- 
scheidung der Frage nur insoweit beteiligt, als bei Handhabung 
des Ermessens rechtsirrige oder gesetzwidrige Erwägungen mit- 
unterlaufen sein können. Die wichtigsten denkbaren Fehler dieser 
Art sind folgende: 
  
10 Vgl. ROTERMUND, Die Kaiserlichen Verordnungen vom 28. Dezember 
1899, 1916, 8. 36. 
1! Vgl. Verf. d. Generalquartiermeisters v. 1. 5. 1915 Ziff. 1 (Dietz 
Militärrechtspflege im Kriege, 1917, S. 42).
	        
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