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Verletzung des $ 8 dieses Gesetzes, der besagt, daß vor (der Einbürgung
die Gemeinde des Niederlassungsortes anzuhören sei, zum Vergleich heran-
zuziehen. Im letzteren Falle handelt es sich um Vorschriften, bei deren
Verletzung Folgen schwerwiegender Art kaum zu befürchten sind, 89
entspringt aber dem Motiv, die durch die Einbürgung unsicherer Elemente
mögliche Gefährdung des Wohls des Reichs oder eines Bundesstaates ab-
zuwenden. Bei dieser Sachlage wäre es unverständlich, wenn man aus
formalen Gründen die sachliche Bedeutung der Vorschrift nicht zum Aus-
druck bringen sollte. Dies wäre aber der Fall, wenn man die Verletzung
der Vorschrift nicht als Nichtigkeitsgrund ansehen würde. Auch die For-
mulierung dieser Prohibitivvorschrift („Darf erst erfolgen“) läßt die zwin-
gende Natur der Norm zum Ausdruck kommen.
Ein weiteres Bedenken habe ich hinsichtlich der Ausführungen zu
S 12. K.-Te. spricht hier von einem Recht auf Einbürgung, lehnt aber
anderseits, wenn ich Anmerkung 9 zu $ 12 recht verstehe, die Annahme
eines Anspruchs ab, mit der Begründung, daß er sich zur Verfolgung im
verwaltungsrechtlichen Verfahren nicht eigne. Dieser Paragraph ist wegen
seiner Unklarheit in Formulierung und Inhalt sehr umstritten. Aber
wie ich schon oben hervorgehoben, darf im Öffentlichen Recht die Be-
deutung der Form niemals so weit getrieben werden, daß darunter der
Inhalt, also vor allem der erkennbare Zweck leidet. $ 8 enthält trotz seiner
Formulierung materiell kein Recht und keinen Anspruch auf Einbürgung,
sondern lediglich eine aus politischen Gründen besonders behandelte Er-
werbsmöglichkeit. Die Bedeutung dieser Vorschrift liegt m. E. darin, daß
die zuständige Behörde beim Vorliegen der im $ 12 erwähnten Voraus-
setzungen den Antrag auf Einbürgung mit besonderem Wohlwollen zu
prüfen habe. Dr. Otto Nelte.
Dasarmenpflegerische Existenzminimumin Straßburg
1906—1910. Von Dr. Kurt Blaum, Straßburg 1918. 27 S., Mk. —.50.
Das Unterstützungswohngesetz enthält keine näheren Vorschriften
darüber wie hoch die den Hilfsbedürftigen zu gewährende Unterstützung
sein soll; auch das els.-lothr. AG. z. UWG. schrieb in dieser Hinsicht nur
vor, daß der unentbehrliche Lebensunterhalt zu gewähren sei. Zu ermitteln,
was das zum Lebensunterhalt unbedingt Notwendige ist, bleibt also jeder
Armenverwaltung überlassen. Sie kann dabei schematisch mit Aufstellung
fester Sätze vorgehen und sie kann feiner arbeiten, indem sie die einzelnen
Fälle möglichst individuell behandelt. Die vorliegende Schrift weist nach,
wie die Armenverwaltung der Stadt Straßburg unter der Leitung von
Dr. BLAUM, dem Direktor ihres Armenrats, in dieser Beziehung vorge-
gangen ist. Es war dort zwar auch ein armenpflegerisches Existenzmini-
mum mit „Bedarfssätzen“ (im Sinne von Normalsätzen) aufgestellt; diese
Sätze waren nach dem Familienstand abgestuft und bewegten sich zwischen