— 292 —
tragten errungen hätte, als ob die gesamte Staatsgewalt von dem
Rate der Volksbeauftragten auf die Arbeiter- und Soldatenräte
der sozialistischen Republik übergegangen wäre, die ihrerseits
wieder durch den Berliner Vollzugsrat im Einverständnis mit den
Arbeiter- und Soldatenräten von Großberlin vertreten werden. Der
Rat der Volksbeauftragten (Ebert, Haase usw.) tritt nicht mehr
kraft eigenen Rechtes auf, sondern bestellt durch den Arbeiter-
und Soldatenrat von Großberlin. Diese Bestellung soll die Ueber-
tragung der Exekutive der Republik bedeuten. Demzufolge sollte
man erwarten, daß gesetzgeberische Akte wie die Verordnung
vom 27. November 1918 nach jener Vereiubarung, also nach dem
22. November 1918, durch den Berliner Vollzugsrat als den vor-
läufigen Vertreter des Trägers der Staatsgewalt erlassen und vom
Rate der Volksbeauftragten höchstens gegengezeichnet werden
würden, etwa so, wie das später bei der Verordnung, betreffend
Arbeitsverdienst bei Verkürzung der Arbeitszeit in der Großberli-
ner Metallindustrie vom 7. Dezember 1918 geschehen ist; hier
unterzeichnet neben dem Rate der Volksbeauftragten (Ebert, Haase)
„der Vollzugsrat des Arbeiter- und Soldatenrates“ (Molkenbuhr.
Richard Müller). Statt dessen zeigt die Verordnung vom 27. No-
vember 1918 lediglich die Unterschrift „Die Reichsregierung‘“
(Ebert, Haase).
Zum Verständnis dieser Erscheinung wird man sich klar
machen müssen, daß die Uebertragung der „Exekutive der Repu-
blik*, wie sie Ziffer 3 der Vereinbarung vom 22. November 1918 vor-
nimmt, kaum in staatsrechtlich-prägnantem Sinne als Uebertragung
lediglich der Verwaltung im Gegensatz zur Gesetzgebung aufgefaßt
werden kann. Auch hier wird man den besonderen Verhältnissen der
Revolutionszeit Rechnung tragen müssen, wo es sich immer um
die ungeteilte Staatsgewalt handelt, die „politische Gewalt“, wie
die Vereinbarung es nennt. Die Ausübung dieser ungeteilten
Staatsgewalt, Gesetzgebung und Regierung umfassend, wird dem
Rate der Volksbeauftragten mit der Exekutive der Republik über-