Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

_ 9 —_ 
Sachen von ständigen Ausschüssen vorbereitet, von denen jede 
Kammer die Hälfte aus ihrer Mitte wählt ®. 
So war es auch hier geschehen. Die Vorlage war an den 
Verfassungsausschuß gegangen, der eine Mehrheit der Linken 
aufwies. Der Ausschuß nahm dann auch die Regierungsvorlage 
mit einigen unbedeutenden Aenderungen an. 
Aus der Begründung des Ausschusses sind nachfolgende Aus- 
führungen bemerkenswert. Die Grundlage der bisherigen Kom- 
munalverfassung, daß der Einfluß in Kommunalangelegenheiten 
abgewogen wird nach der Besteuerung des Stimmberechtigten ist 
nach Ansicht des Ausschusses unhaltbar. Das würde die Auf- 
fassung der Gemeinde als einer Gesellschaft voraussetzen, deren 
Teilhaber nach Maßgabe ihrer Einlagen berechtigt sind. Noch 
weniger kann man zugeben, daß mit dem Einkommen die Ein- 
sicht und Tauglichkeit in Gemeindeangelegenheiten steigt. Dazu 
kommen für den Ausschuß praktische Gesichtspunkte. Das vier- 
zigstufige Stimmrecht ist unbefriedigend. Es wird vor allem der 
Bedeutung des Grundbesitzes und dem Unterschiede von Stadt 
und Land nicht gerecht. Wenn man von gegnerischer Seite be- 
hauptet hat. daß die Gemeinden doch auch unter dem bestehenden 
Wahlrechte eine lebensfähige Selbstverwaltung entwickelt haben, 
so kann der Ausschuß solchen mehr oder minder subjektiven Ur- 
teilen keine Bedeutung beimessen. Der Ausschuß stellt sich viel- 
mehr auf den demokratischen Standpunkt, daß Persönlichkeits- 
prinzipien immer die Grundlage der politischen Berechtigung 
bilden müssen. Und wenn man schließlich eingewendet hat, das 
Zweikammersystem werde gefährdet, indem die Wesensverschie- 
denheit zwischen den beiden Kammern verschwinde, so erscheint 
auch das dem Ausschusse nicht stichhaltig. Denn das Zwei- 
kammersystem bilde in einem demokratischen Staate nur eine 
Gewähr für eine mehrfache gründliche Behandlung der Vorlagen. 
° Vgl. ASOHEHAUG, Staatsrecht der Königreiche Schweden und Nor- 
wegen (MARQUARDSENs Handbuch), Freiburg i. B. 1886, S. 56.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.