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tatsächlich nur der vereinfachten Form der Gesetzgebung. Da-
gegen erläßt das Demobilmachungsministerrium auch nach dem
19. April 1919 (Inkrafttreten des Gesetzes vom 17. April 1919)
seine Verordnungen, enthaltend Rechtssätze und Eingriffe, ohne
Zustimmung des Staatenausschusses und des von der National-
versammlung gewählten 28er-Ausschusses, indem es sich dabei
mit der geschilderten eigenartigen Verwendung der Bundesrats-
verordnung vom 7. November 1918 auf den Erlaß der Volksbeauf-
tragten vom 12. November 1918 und die Verordnung vom 27. No-
vember 1918 beruft.
Die Praxis stellt sich damit auf den Standpunkt, daß das
Gesetz über die vereinfachte Form der Gesetzgebung vom 17. Aprıl
1919 zwar die der Bundesratsermächtigung vom 4. August 1914
entsprechende Ausstattung der Reichsregierung mit einem allge-
meinen Verordnungsrechte bedeute, welches andere Verordnungs-
rechte des Staatenausschusses und des Reichsministeriums entbehr-
lich mache, daß aber durch diese allgemeine Ermächtigung die
besondere Ermächtigung des Demobilmachungsministeriums in den
legalisierten Revolutionserlassen nicht betroffen werde.
Dadurch entsteht die eigenartige Lage, daß es für denselben
Umkreis der wirtschaftlichen Demobilmachung ein besonders er-
schwertes Verordnungsrecht der Reichsregierung und ein von diesen
Erschwerungen befreites Verordnungsrecht des der Reichsregierung
untergeordneten Demobilmachungsministeriums gibt. Erklären läßt
sich diese außergewöhnliche Erscheinung nur historisch. Sie wurzelt
in der Tatsache, daß die übergeordnete Stelle ihr Verordnungs-
recht erst später als die untergeordnete Stelle erhalten hat und
daß das Verordnungsrecht der untergeordneten Stelle noch aus
der absolutistisch regierten Revolutionszeit stammt, während das
Verordnungsrecht der Reichsregierung in einer Zeit gegeben wurde,
deren Hauptaufgabe es war, wieder eine verfassungsmäßige Re-
gierung herbeizuführen. Den Forderungen der Vernünftigkeit, die
man an eine Rechtsordnung stellen muß, entspricht eine derartige