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Staatsgewalt und damit auch die gesetzgebende Gewalt ın der
Hand hatte. Aus dieser Zeit der absoluten Revolutionsregierung
ist aber das Reich seit dem Gesetz über die vorläufige Reichs-
gewalt herausgetreten. Jene revolutionären Erlasse sind zwar durch
das Uebergangsgesetz legitimiert, die in ihnen ausgesprochenen
Ermächtigungen also ausdrücklich anerkannt worden; das bedeutet
aber gerade, daß jene Erlasse damit ihre revolutionäre Ursprungs-
natur verloren und gegen eine dem Rechtsstaat entsprechende ein-
getauscht haben. Sie können nicht mehr in einer ihrer revolutio-
nären Entstehungsart entsprechenden Form durch dieselben Stellen,
die sie erlassen haben, oder durch Organe, die an deren Stelle
getreten sind, abgeändert werden, sondern wie im 19. Jahrhundert
beim Uebergang zum Verfassungs- und Rechtsstaat die stillschwei-
gend übernommenen Erlasse des absoluten Polizeistaates von da
an nur durch verfassungsmäßige Gesetze abgeändert oder aufge-
hoben werden konnten, so richtet sich auch die Aufhebung und
Aenderung der durch das Uebergangsgesetz ausdrücklich in die
deutsche verfassungsmäßige Republik übernommenen revolutio-
nären Erlasse nach den Grundsätzen des Verfassungsstaates: Ein
verfassungsmäßiges Gesetz ist mindestens als Grundlage erforderlich.
Und diese Grundlage fehlt dem Reichspräsidenten.
Der Erlaß vom 26. April 1919 trägt jedoch nicht nur die
Unterschrift des Reichspräsidenten, sondern auch die des Präsi-
denten des Reichsministeriums; und wenngleich die letztere Unter-
schrift nur die Bedeutung einer Gegenzeichnung hat (vgl. Gesetz
über die vorläufige Reichsgewalt vom 10. Februar 1919 8 9; die
oben unter I wiedergegebene Verordnung vom 18. Juni 1919
spricht allerdings von einem Erlaß des Reichspräsidenten und des
Präsidenten des Reichsministeriums), soll doch nicht ununtersucht
bleiben, ob vielleicht dem Reichsministerium oder seinem Präsidenten
eine genügende Delegation der gesetzgebenden Gewalt: zur Seite
steht, um das Verordnungsrecht des aufgelösten Demobilmachungs-
Ministeriums auf die übrigen Reichsministerien übertragen zu können.