Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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zur Frage nach der deutschen Staatsauffassung, die ebenfalls der 
wirklichen Lösung noch harrt, darstellen. 
Die Eigenart Württembergs, dessen Verfassungsbewegung 
mit derjenigen Bayerns und Badens parallel ging, kam diesen 
Ländern gegenüber zunächst darin zum Ausdruck, daß es bei Er- 
richtung seiner Verfassung in sehr viel stärkerem Maß an stän- 
dische Verfassungsüberlieferungen anknüpfen konnte als jene. Es 
ist allerdings unrichtig, wenn man so oft behauptet, in Württem- 
berg allein sei der altständische Dualismus ziemlich unmittelbar, 
d. h. nur durch die in jeder Beziehung außerordentliche Zeit von 
1806 ab unterbrochen, in dıe konstitutionelle Monarchie überge- 
leitet worden. In Hessen und in manchen Kleinstaaten war dieser 
Zusammenhang nicht viel schwächer, in Hannover aber und 
namentlich im Königreich Sachsen war er noch viel ausgeprägter. 
Aber allerdings gegenüber seinen beiden Nachbarstaaten war die 
Entwickelung in Württemberg dadurch gekennzeichnet, daß sein 
Bürgertum den ständischen Gedanken in der Zeit des aufge- 
zwungenen Absolutismus mit großer Zähigkeit festgehalten und 
nun immer vor Augen hatte. Daher erschien ja auch der Kampf 
um die neue Verfassung württembergischen Politikern wie LUDWIG 
UHLAND als nichts anderes denn ein Kampf ums alte gute Recht. 
Die Anknüpfung an die alten Zustände zeigte sich dann einmal 
im äußeren Werdegang der neuen Verfassung, die nach dem 
Scheitern des Oktroyierungsversuchs von 1815 in besonders aus- 
gesprochenem Maß den Weg einer regelrechten Vertragsschließung 
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geschichte und des Staatsrechts verwiesen werden, Das Hauptwerk auf 
Seiten der Historiker ist noch immer TREITSOHKES Deutsche Geschichte, 
die aber nur bis 1847 reicht. Gute, aber kurze Zusammenfassung neuer- 
dings bei Hartung, Deutsche Verf.gesch. v. 15. Jahrh. bis z. Gegenwart, 
1914 (in MEISTERS Grundriß der Gesthichtswissenschaft): Für die bayr. u. 
bad. Verfassung vgl. neuerdings DoEBERL, Ein Jahrhundert bayr. Verf.lebens, 
1918 (populärwissenschaftlich) und GOLDSCHMIT, Geschichte der bad. Ver- 
fassungsurkunde 1878—1918, Karlsruhe: 1918, die aber die Aufgaben der 
rechtsvergleichenden Geschichte in keiner Weise berücksichtigen.
	        
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