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In Beziehung auf die Verwaltungsrechtspflege
selbst wies Württemberg allerdings einen bedeutsamen Vorsprung
auf. Der Geheime Rat hatte es verstanden, die ihm durch $ 60
Verf.Urk. zugewiesene letztinstanzliche Entscheidung von Ver-
waltungsbeschwerden durch Beschränkung auf Nachprüfung der
Rechtsfrage schon in den 30er Jahren zu einer wirklichen Ver-
waltungsgerichtsbarkeit auszugestalten und er hat damit die Forde-
rung nach einer solehen schon Jahrzehnte vor der Einführung der
vielgerühmten preußischen Verwaltungsgerichtsbarkeit in aller
Stille verwirklicht. Das Verwaltungsrechtspflegegesetz von 1876
brachte wiederum in eigenartiger, im ganzen aber doch vortreff-
licher Weise den Ausbau dieser Ansätze zu einer den modernen
Anforderungen entsprechenden Rechtseinrichtung. Dennoch ist
Württemberg mit der tatsächlichen Wirksamkeit des Verwaltungs-
rechtsschutzes in der Folge ins Hintertreffen geraten. Die Recht-
sprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat, wie ich in dem angeführ-
ten Buch (340 ff.) dargelegt habe, durch gar zu strenge, ja manchmal
engherzig anmutende Auslegung des Begriffs der Rechtsverletzung,
die durch Artikel 13 des Gesetzes zu einer Voraussetzung erfolg-
reicher Verwaltungsklage gemacht war, selbst seiner Tätigkeit un-
nötig enge Schranken gezogen. Auch sonst wies, wie in Beziehung
auf den Grundsatz von der gesetzmäßigen Verwaltung soeben
schon belegt, seine Rechtsprechung von jenem Geist, der das
preußische Oberverwaltungsgericht mit Recht berühmt gemacht
hat, wenig auf, und so hat man nicht mit Unrecht, auch im Land-
tag gelegentlich, gesagt, daß die von ihm ausgeübte Kontrolle
über die Verwaltung nicht die Bedeutung erlangt hat, die sie
hätte erlangen können.
In Preußen war vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbar-
keit der Schutz der Bürger gegen die Verwaltung in weitem Um-
bewußtsein eingedrungen ist, habe ich a. a. O. S. 110 fi. anerkannt und
ich könnte als weiteren Beleg dafür jetzt u. a anführen. HALLER, Württ.
Ztschr. f. Rechtspflege u. Verwaltung 1916 S. 89.