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fang von den Zivilgerichten wahrgenommen worden. Die Grund-
lage dafür gaben die unklaren und ewig umstrittenen Bestim-
mungen der Verordnungen von 1808 und 1842 ab, wonach dann,
wenn die Verwaltung in Privatrechte eingegriffen habe, unter ge-
wissen weiteren Voraussetzungen zwar nicht über die Rechtmäßig-
keit solcher Eingriffe wohl aber über die Schadensersatzpflicht
vor den Zivilgeriehten sollte gestritten werden können. Auch in
Württemberg bestand eine Norm, welche die Grundlage für eine
weitgehende Einmischung der Zivilgerichte in Verwaltungsange-
legenheiten hätte abgeben können, $ 95 der Verfassungsurkunde,
welcher vorschrieb: „Keinem Bürger, der sich durch einen Akt der
Staatsgewalt in seinem auf einem besonderen Titel beruhenden
Privatrecht verletzt glaubt, kann der Weg zum Richter verschlossen
werden.“ Aber der Geheime Rat, welcher nicht nur oberste Be-
schwerdeinstanz, sondern von 1819 bis 1878 auch die zur Ent-
scheidung von Kompetenzkonflikten zuständige Behörde war, hat
es verstanden, diese Bestimmung für die Verwaltung unschädlich
zu machen. Er hat die Versuche. an denen es das damalige
höchste württembergische Zivilgericht, das Obertribunal, nicht
fehlen ließ, die Zuständigkeit der Zivilgerichte auch in Württem-
berg auf Verwaltungssachen auszudehnen, mit Erfolg zurückge-
wiesen und er konnte dies. ohne daß er größere Unzufriedenheit
damit erweckt hätte, weil eben im Gegensatz zu Preußen keine
gewalttätige Verwaltung da war, die immer wieder das Bedürfnis
nach Schutz vor den Zivilgerichten hätte laut werden lassen. Es
war hauptsächlich in der Zeit von 1520—50, in der die in diesen
Fragen maßgebenden Entscheidungen des Geheimen Rats ergingen.
Seither war die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Zivilgerichten
und’ Verwaltung in Württemberg im wesentlichen geklärt, und es
sind später vor den Kompetenzkonflikthof, der im Jahr 1878 er-
richtet wurde, nur ganz wenige positive Kompetenzkonflikte zur
14 Vgl. darüber meine Untersuchung über Die Zuständigkeit der
Zivilgerichte gegenüber der Verwaltung im württ. Recht, 1911, 94 ff.