— 404 —
kanisches Staatshaupt — welcher Widerspruch im Beisatz! —
gedacht, das erst nach Jahrzehnten in der Verwaltungsgerichts-
barkeit zur einfacheren autorit€ administrative herabgedrückt
wurde!?®. Der deutsche Reichspräsident trat im Grunde an die
Stelle, welche die letzte tragisch verspätete Reform der deutschen
Reichsverfassung im Spätherbst 1918 dem deutschen Kaiser zu-
gewiesen hatte und dieser nicht mehr beziehen sollte Zur Be-
kleidung mit den abgelegten Kleidungsstücken der Monarchie er-
hielt auch die Präsidentschaft — als weiterer künstlicher Ver-
such, sie zu kräftigen — die lange über die Wahlperiode des
Reichstags hinausreichende Lebensdauer des Septennats, der in
anderer Weise herrschaftlichen Anschauungen entspricht und dem
Präsidenten die Ueberlegenheit der Einarbeitung und Erfahrung
durch größere Stetigkeit zuführen will. Auch hätte in Deutsch-
land, wo der Staatspräsident nicht aus einer Kongreßwahl her-
vorgehen soll, eine mit der Wahlperiode der einzigen Kammer
zusammenfallende Amtszeit dem Amte den besten Teil seiner po-
litischen Daseinsberechtigung entzogen.
Daß man diesen ganzen Weg, abgesehen von der singu-
lären Volkswahl des Reichspräsidenten, auch in Deutschland zu-
rückgelegt hat, spricht indessen kaum für die Treue und Dauer
des angestrebten Erfolges. Denn damit ist der Reichspräsident
verhalten, seine Befugnisse im Vereine mit dem Reichskanzler und
der Reichsregierung, also in dem an anderer Stelle ®° dargelegten
genossenschaftlichen Sinne auszuüben (Art. 50). Da seine Mit-
arbeiter „zu ihrer Amtsführung des Vertrauens des Reichstags“
bedürfen (Art. 54), ist in breitem Schwalle überwältigend der be-
19 WITTMAYER, Bedeutung und Entwicklung der sekundären Gesetz-
gebung in Frankreich, ein Beitrag zur Behandlung der Verordnungsgewalt
des Präsidenten der französischen Republik, Jahrbuch des öffentl. Rechts
der Gegenwart, VII, 1913, insb. S. 81£., S. 103 f., 108.
20 Insb. herrschaftliche und genossenschaftliche Elemente im deutschen
und österreichischen Ministerialsystem, SCHMOLLERS Jahrbuch, XLII, 3/4,
S. 13 (843) ff. mit S8. 50 (880).