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herrschende Einfluß des Reichstags eingelassen als eine genossen-
schaftliche Einwirkung weiterer und besonderer Art, der dem aus
dem Vertrauen der Gesamtheit hervorgehenden Einfluß die aus der
engeren Organisation gewonnene überlegene Stärke der Volks-
vertretung entgegensetxzt.
In diesen Zusammenhängen und Gegensätzen ist, wie auch
HASBACH ?! treffend annimmt, die Schwäche der Stellung des
Reichspräsidenten zu finden, die sich gerade in kritischen Zeit-
läufen äußern und alles was zum erhöhten Glanze des Staats-
hauptes ersonnen wurde, mitreißen muß.
Dies und nur dies kann füglich bewußt oder unbewußt ge-
meint sein, wenn man so häufig von bloß repräsentativen oder
Scheinbefugnissen der Reichspräsidenten spricht. Soll’ das kein
bloßes Gerede sein, so darf darunter lediglich die durch die po-
litische Verantwortlichkeit der Reichsregierung mittelbar herbei-
geführte ausschlaggebende Abhängigkeit vom Reichstage verstan-
den werden, die bei dieser Sachlage durch die Volkswahl nicht
aus der Welt geschafft werden kann und das politische Kraft-
zentrum oder wenigstens die hervorragendere Kraftquelle in den
Reichstag verlegen muß, schon durch die dem Präsidenten aufer-
legte Notwendigkeit, in gutem Einvernebmen mit dem Reichstag
eine lebensfähige Regierung zu bilden und im Amte zu erhalten.
Denn an sich sind die dem Reichspräsidenten zugemessenen
Befugnisse, auch wenn ihm schon ein nichtssagendes, aufschie-
bendes Veto fehlt, wahrlich nichts weniger als gering oder äußer-
lich, zumal nach der anderen Seite ja alles aufgeboten wurde,
aus ihm ein richtiges, gutgehendes Staatshaupt zu machen und
seine Stellung — soweit es dieser Rahmen zuließ — im herrschaft-
lichen Sinne auszubauen. Mag es auch ein Grundirrtum sein und
bleiben, einen solchen herrschaftlichen Bau auf den unverläßlichen
#2 SCHMOLLERS Jahrbuch, 43. Jahrg., Heft 1/2, S. 3861 (1171) bei Be-
sprechung von REDSLOBs: Die parlamentarische Regierung in ihrer wahren
und in ihrer unechten Form (S. 170).
22 Vgl. u. a. HassacH a. a. O. S. 361 (1171).