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ein solches ist auch der Erwählte des ganzen Volkes — durch
Auflösung, Anklage und Absetzung für nützliche Aufsichtsvorkeh-
rungen erklären oder am Ende gar darauf sich berufen wollte,
daß dergleichen bereits im Verfassungsstaate zu Hause gewesen
wäre. Dieser Einwand ließe sich nur aus gänzlicher Verkennung
der letzten Grundlagen des Verfassungsstaates begreifen. In ihm
war ja doch die überragende monarchische Autorität der Ausgangs-
punkt, von dem aus die Auflösung der Volksvertretung erfolgen
konnte und denkbar war, während wieder das Parlament sich an
die Regierung nur als den untergeordneten Exponenten des allem
Genossenschaftlichen übergeordneten, wesensfremden Obrigkeits-
staates halten durfte. Und auch diese Konstruktion hat ja schließ-
lich, unehrlich und widerspruchsvoll, wie sie war, versagt. Umso
weniger scheint sie am Platz, wenn gleichgeordnete Organe so
verschiedener Art, welche in letzter Einheit doch ihren Ursprung
aus den gleichen, nur durch ihren Umfang verschiedenen genossen-
schaftlichen Lebensunterlagen ableiten, gegeneinander ausgespielt
werden sollen. Ein solcher, auf gegenseitige Beaufsichtigung und
Maßregelung angelegter Kontroll-Apparat könnte ohne schwerste
Erschütterung alles politischen Lebens, das zwei derartige Brenn-
punkte nicht verträgt, kaum nach beiden Seiten funktionieren.
Kann aber die Gleichordnung des Staatshauptes, wie wahrschein-
lich, nicht aufrecht erhalten werden, dann erübrigt sich ohnehin
jede mechanische Vorkehrung gegen Uebergriffe des schwächeren
Organs, weil dieses dann von selbst im Takte erhalten wird, ohne
die eigenen Machtbefugnisse gegen das stärkere Organ ausnützen
zu können.
An derlei inneren Unstimmigkeiten, Halbheiten und einseiti-
gen Uebertreibungen, die freilich sehr verschieden zum Ergebnisse
beitragen und z. T. nur die Oberfläche berühren, liegt es, daß
die Klage über bloße Scheinbefugnisse des Reichspräsidenten zeit-
weise in manchem Sinne zutreffen muß, und daß der Wunsch nach
einem starken Oberhaupte mit gesicherten Machtbefugnissen allen