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gesehen von den scharfen Giften der politischen Verantwortlichkeit
ein ungleich wirksameres, auf dieses Bedürfnis eigens zugeschnit-
tenes Mittel: „Der Reichstag bestellt zur Wahrung der Rechte
der Volksvertretung gegenüber der Reichsregierung für die Zeit
außerhalb der Tagung und nach Beendigung einer Wahlperiode
einen ständigen Ausschuß, der die Rechte von Untersuchungs-
ausschüssen genießt“ (Art. 35). Man gibt ihm den bezeichnenden
Namen eines „Ueberwachungsausschusses‘ *°, den übrigens —
wenigstens z. T. — sicher auch noch der ständige Ausschuß für
auswärtige Angelegenheiten“ in seinem Wirkungskreise verdient ®*.
Eine während des Krieges ausgebildete Gewohnheit, an welcher
der Parlamentarismus erstarkte, hat hier den abschließenden ver-
fassungsmäßigen Ausdruck und im deutsch-österreichischen Haupt-
ausschuß als Fortsetzung des früheren Staatsrats und der einstigen
österreichischen Obmännerkonferenz Nachahmung gefunden. nur
mit dem Unterschiede, daß die Rechte dieses österreichischen Haupt-
ausschusses noch ungleich weiter gehen, weil er nach den Gesetzen
vom 14. März 1919, StGBl. Nr. 180 und 181, nicht bloß zur Regelung
der Arbeiten des Hauses und zur ständigen Verbindung zwischen
Gesetzgebung und Vollziehung, sondern auch, wie wir bereits fest-
stellen konnten, zur Mitwirkung an der Bestellung der Staatsregie-
rung und an wichtigen Vollzugsanweisungen (Verordnungen) berufen
ist. So bedarf es ex lege der Zustimmung des Hauptausschusses
für die dem Verordnungswege vorbehaltene nähere Organisation der
Staatsämter (Ministerien). Andere Vollzugsan weisungen nehmen von
selbst den Weg und knüpfen damit an den Gedanken an, der in
Deutschland vorbildlich durch den Hilfsdienstausschuß der Kriegs-
zeit 2? gewiesen wurde. So werden‘ Regierungsverordnungen, die
“ Vgl. insb. auch PoEtzscH, Handausgabe S.57 ff. unter Hinweis auf die
landständischen Ausschüsse einzelner Gliedstaaten als geschichtliches Vorbild.
4 So auch PortzscH S. 59, indem er ausführt, daß dieser Ausschuß
„kein reiner Kontrollausschuß zu werden braucht*, sondern „auch zur Vor-
bereitung der . Entschließung des Reichstags erforderlich sein kann“.
«4 Vgl. WITTMAYER, Deutscher Reichstag und Reichsregierung 8. 57f..
damals als parlamentarische Ersatzform gebucht.