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zwischen beiden Verfassungen bei der Ausgestaltung der Stel-
lung und der Funktionen des Staatsministerrums. Während in
Baden sämtliche Minister unter Bezeichnung der von ihnen zu ver-
waltenden Ministerien vom -Landtag gewählt werden ($ 52), wählt
der württembergische Landtag nur den Ministerpräsidenten (Staats-
präsident) und überläßt ihm die Berufung und Entlassung der
übrigen Minister ($ 27). Wenn auch!in beiden Verfassungen über-
einstimmend das parlamentarische System streng in der Beziehung
durchgeführt ist, daß der Landtag das Staatsministerium oder
einzelne Minister abberufen kann, so hat die württembergische
Verfassung doch wenigstens einen Anlauf genommen, um den
Staatspräsidenten etwas selbständiger zu stellen. Und diese Ten-
denz der württembergischen Verfassung im Gegensatz zur badi-
schen zeigt sich auch bei der vergleichenden Betrachtung der
Funktionen des Staatsministeriums und der einzelnen Minister.
Die prinzipielle Stellung des Staatsministeriums als oberstes Exe-
kutivorgan im Staate legt die württembergische Verfassung im
8 268.1 fest, indem sie dem Staatsministerium durch den Land-
tag die „Staatsleitung“ überträgt. Unter „Staatsleitung“ soll das-
selbe gemeint sein wie unter „Staatsregierung“, wie auch der
Abgeordnete Bazille im Verfassungsausschuß ausführte, daß an
sich der letztere Ausdruck vorzuziehen sei”. Gemeint ist der
Ausdruck jedenfalls in demselben Sinne, wie ihn auch die
Wissenschaft festgelegt hat, nämlich „die Oberleitung des
Ganzen, das einheitliche Richtunggeben für die politischen Ge-
schicke des Staates und die Kulturentwicklung im Innern“ ?.
In der badischen Verfassung herrscht dagegen in diesem Punkte
begriffliche Unklarheit. Sie hat zunächst im $ 2 Abs. 2 die alte
Dreiteilung der Gewalten in „Gesetzgebung, Rechtspflege und
Vollziehung“ ausdrücklich festgelegt und die Ausübung aller drei
2 Vgl. Bericht des Verfassungsausschusses, Beilage 62, S. 257.
s OrtTo:MAYER, Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Bd. 18. 3.