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im Sinne der Initiative dem Volke vorzulegen habe. Der Land-
tag hat dann das Recht, derartige Gesetzentwürfe zu prüfen und
dem Volke zur Annahme oder Ablehnung zu empfehlen ($ 44).
Während dieser Weg der mittelbaren Initiative notwendig zur
Volksabstimmung führen muß, kann der Initiative in Baden ‘ohne
Volksabstimmung dadurch stattgegeben werden, daß der Landtag
den Entwurf unverändert annimmt. Tut er das nicht, dann ent-
scheidet letzten Endes doch noch die Volksabstimmung.
Den Umfang der Gesetzgebung hat die württembergische
Verfassung schärfer formuliert und umgrenzt als die badische
Verfassung. Letztere hat im $ 29 Abs. 2 die alte „Freiheits-
und Eigentumsformel* ans der alten Verfassung übernommen
(S 65 alte Verfassung), wonach „der gesetzlichen Regelung be-
dürfen allgemeine Anordnungen, welche die Freiheit der Person
oder das Eigentum betreffen oder bestehende Gesetze ändern, er-
läutern oder aufheben“. Eine Auslegung dieser Bestimmung und
der verschiedenen Auffassungen!? darüber hat die neue Verfas-
sung nicht versucht. Stellte sich aber schon in Uebereinstimmung
mit der herrschenden Meinung in der Wissenschaft die Staats-
praxis auf den Standpunkt, daß 8 65 der alten Verfassung alle
Rechtssätze (Gesetze im materiellen Sinne) umfasse!?, so gilt dies
für die neue Verfassung umsomehr, da dieselbe — abgesehen von
der Volksabstimmung — den Landtag als einziges und ausschließ-
liches Gesetzgebungsorgan anerkennt. Auch in Württemberg hatten
die Verfassungsentwürfe von 1816 und 1817 ursprünglich die Auf-
nahme der Freiheits- und Eigentumsformel vorgesehen. Der $ 88
der alten württembergischen Verfassung enthielt sie aber nicht.
Er sah von einer Begriffsbestimmung des materiellen Gesetzes
12 Vgl. darüber vor allem Franz Rosın, Gesetz und Verordnung nach
badischem Staatsrecht, zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Freiheits-
und Eigentumsformel, 1911.
18 Vgl. Wauz, Das Staatsrecht des Großherzogtums Baden, S. 209 und
die dort Zitierten.