Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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technik der badischen Verfassung und aus der kritiklosen wört- 
lichen Uebernahme von Bestimmungen der alten Verfassung durch 
dieselbe. 
Zusammenfassend ergibt also unser Vergleich zunächst in 
formeller Beziehung, daß die badische Verfassung hinsichtlich 
ihrer Formulierung der württembergischen unterlegen ist, was 
sich allerdings zum Teil daraus erklärt, daß ihr als erste der 
neuen deutschen Verfassungen kein Vorbild zur Verfügung stand. 
In materieller Beziehung aber besteht der wichtigste Unter- 
schied zwischen beiden Verfassungen in der — wenn auch nur 
graduell — verschiedenen Ausgestaltung des Verhältnisses von 
Legislative und Exekutive, von Landtag und Staatsministerium. 
Beide Verfassungen haben ja das Prinzip der parlamentarischen 
Regierung angenommen. Wenn wir bei der Betrachtung dieses 
Verfassungsprinzips der Terminologie REDSLOBs !? folgen wollen, 
so verkörpert die badische Verfassung dabei die parlamentarische 
Regierung in ihrer unechten Form, während die württembergische 
Verfassung wenigstens Ansätze zur wahren Form der parlamen- 
tarischen Regierung zeigt. Denn REDSLOB findet den begriff- 
liehen Unterschied zwischen beiden Formen in dem verschieden 
ausgestalteten Verhältnis von Legislative zur Exekutive. Die 
nach ihm wahre, in der englischen Verfassung verkörperte 
Form der parlamentarischen Regierung beruht auf einem System 
des Gleichgewichts zwischen legislativer und exekutiver Gewalt. 
Konflikte zwischen beiden werden durch eine höhere Gewalt, das 
Volk, gelöst. Das Mittel dafür ist die Auflösung des Parlaments. 
Legislative wie Exekutive müssen an das Volk appellieren können. 
die Exekutive, d..h. das Ministerium dadurch, daß es dem Mon- 
archen die Auflösung des Parlaments vorschlägt, das Parlament 
auf indirektem Wege dadurch, daß es dem Ministerium die wei- 
tere Heeresfolge versagt, indem es entweder ein wichtiges Gesetz 
1% REDSLOB, Die parlamentarische Regierung in ihrer wahren und in 
ihrer unechten Form, 1918, Tübingen, J. C. B. Mohr. 4
	        
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