Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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der Reichsregierung „außer Kraft zu setzen“, sobald die National- 
versammlung es beschließe. Damit bestimmt das Gesetz nichts 
anderes, als daß seine Geltungsdauer von der Entschließung eines 
einzelnen Organs der Gesetzgebung, hier von einem einfachen 
Beschlusse der Nationalversammlung, abhängen solle. Wir haben 
gesehen, daß dergleichen nicht unstatthaft ist. 
3. Wenn es nach dem Gesagten grundsätzlich nur einen 
verfassungsmäßigen Weg für das Zustandekommen eines Reichs- 
gesetzes gibt, so ist auf der andern Seite dieser Weg vorgezeichnet 
für jeden Akt der Reichsgewalt, der nach der Verfassung in der 
Form des Gesetzes vorzunehmen ist. Der Weg muß also beschritten 
und durchlaufen werden nicht nur für generelle, sondern auch für 
spezielle „ Regelungen“, sofern für solche die Verfassung ein Reichs- 
gesetz verlangt. Die Aufnahme reichsfremden Landes in das Reichs- 
gebiet (Art.2) wie die Bestimmung einer Grenzveränderung gegen- 
über dem Auslande (Art. 78, Abs. 3), die Aenderung des Gebiets- 
und Länderbestandes innerhalb des Reichs (Art. 18), die Regelung 
der Vertretung des Reichspräsidenten bei längerer Behinderung 
oder bei vorzeitiger‘ Erledigung der Präsidentschaft (Art. 51), der 
Erlaß einer Amnestie (Art. 49), die Feststellung des Haushalts- 
plans (Art. 85) wie die Genehmigung einer Aileihe oder einer 
Sicherheitsleistung zu Lasten des Reichs (Art. 87), das alles muß 
in Gesetzesform vorgenommen werden. Die Anlage einer Eisenbahn 
für Rechnung des Reichs setzt ein Reichsgesetz voraus (Art. 94, 
Abs. 2). Ja, nach Art. 45, Abs. 2 sollen Kriegserklärung und 
Friedensschluß „durch Reichsgesetz“ erfolgen!®. Für alle solchen 
Gesetze besteht also, mindestens theoretisch, die Möglichkeit, daß 
sie durch die mannigfach verschlungenen Gänge des Verfahrens 
geführt werden, die sich in der Verfassung aufgezeichnet finden. 
Jedes von ihnen kann durch einen Einspruch des Reichsrats in seiner 
Entstehung aufgehalten, jedes von ihnen kann einer Volksabstimmung 
  
  
1° Wie man einem andern Staate durch Reichsgesetz den Krieg „er- 
klären“ soll, muß freilich erst noch gezeigt werden!
	        
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