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jederzeit gehört _werden..müssen-tArt: 65), wird es sich angelegen
sein lassen, den Reichsrat von der Verfolgung ihr unbequemer Ge-
setzgebungspläne abzubringen. Der Reichsrat hat daher von der
Gegnersehaft--der Regierung -von. vornherein ‚sichere Kenntnis. Er
weiß also auch, daß sich die Regierung im Reichstage, um mit
PREUSS zu sprechen, in die „ungewohnte Situation einer Führerin
der Opposition“ begeben, und daß diese „Opposition“, da sich die
Regierung mit der Parlamentsmehrheit deckt, das Zustandekom-
men des. Gesetzes verhindern wird. Wenigstens wird die Sache
in politisch wichtigen Angelegenheiten regelmäßig so liegen ®.
Immerhin — Majoritäten können wechseln, und bei Gelegenheit
könnte ein Vorstoß des Reichsrats in jener Richtung doch einmal
eine größere Bedeutung erhalten.
Das Initiativrecht des Reichsrats enthält eine Verstärkung
dadurch, daß nach der Verfassung Mitglieder des Reichsrats an
den Beratungen des Reichstags im Plenum und in den Ausschüs-
sen teilnehmen und hier das Wort ergreifen dürfen (Art. 33,
Abs. 2, 3). Aber es ist zu beachten, daß nicht der Reichsrat als
solcher, sondern die „Länder“ durch ihre Bevollmächtigten vor
dem Reichstage plädieren 46 und daß diese den „Standpunkt ihrer
Regierung“ zu dem Gegenstande der Verhandlung darzulegen haben.
Der Reichsrat hat niemanden, der die Autorität der Gesamtheit
dieser Körperschaft dem Reichstage gegenüber zur Geltung brin-
gen könnte. Sein „Vorsitzender“ ist ein Mitglied der Regierung,
tritt also gegebenenfalls im Reichstage als Gegner der Reichs-
ratsmehrheit auf, und die Minderheit des Reichsrats kommt im
Reichstage genau so ausgiebig zu Worte wie die Majorität, kann
dieser also große Schwierigkeiten bereiten. Der äußeren Form
nach stand es ja nach Art. 9 der ehemaligen Reichsverfassung
4 Reichsminister PREUSS im Verfassungsausschuß, 16. Sitzg. vom 27. März
1919, 8. 9 £.
4° Diese Bevollmächtigten brauchen übrigens nicht einmal Mitglieder
des Reichsrats zu sein.