Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

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für die Vertreter des Bundesrats ebenso. Aber sachlich lagen die 
Dinge doch ganz anders. 
In welcher Weise innerhalb des Reichsrats ein Initiativ- 
antrag gestellt und behandelt wird, ist teils in der Verfassung selbst, 
teils in der Geschäftsordnung des Reichsratsgeregelt. Nach dem Wort- 
laute der Verfassung kann der Urantrag von jedem „Mitgliede“ des 
Reichsrats ausgehen (Art. 66, Abs. 1); der Sache-sach werden 
es s immer er Anträge der ] Einzelstaaten sein, die den Stein ıns Rollen 
bringen. . Äuch die Reichsregierung kann im Reichsrate Anträge 
stellen. Aber da sie ein eigenes Recht der Gesetzesinitiative 
besitzt, so hat sie es nicht nötig, den Reichsrat zum Beschlusse 
einer Gesetzesvorlage zu veranlassen. Sie wird ihr Antragsrecht 
nur ausüben, um auf die Gestaltung einer im Schoße des Reichs- 
rats entstehenden Vorlage einen Einfluß zu gewinnen. 
4. Eine weitere Möglichkeit der Gesetzesinitiative hat die 
Verfassung im Art. 165, Abs. 4 geschaffen. Hier wird dem 
Reichswirtschaftsrate das Recht eingeräumt, Gesetzes- 
vorlagen, allerdings wieder nur solche von sozial- oder wirt- 
schaftspolitischem Inhalte und von grundlegender Bedeutung, zu 
„beantragen“. Der Ausdruck ist mißverständlich. Wie der Zu- 
sammenhang der Stelle ergibt, kann der Reichswirtschaftsrat nicht 
nur einen „Antrag“ an die Regierung richten, daß diese dem 
Keichstage ein Gesetz vorlege, sondern er hat das Recht, einen 
von ihm selbst formulierten Gesetzentwurf durch die Regierung 
dem Reichstage vorlegen zu lassen. 
Die Bedeutung der Worte: „sozial- und wirtschaftspolitische 
Gesetzentwürfe von grundlegender Bedeutung“ ist hier viel größer 
als in dem vorhin besprochenen Satze. Denn die Regierung muß, 
ehe sie die Vorlage weitergibt, aufs genaueste prüfen, ob sie 
den von der Verfassung vorausgesetzten Charakter besitze. Die 
Prüfung hat wieder nach Art. 57 in kollegialer Beratung zu er- 
folgen; das Ergebnis ist durch Beschluß festzustellen. Verneint 
die Regierung die zu beantwortende Vorfrage, so darf sie den
	        
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