Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

— 495 — 
in solchem Falle obligatorisch ist. Nun hat aber ein Volks- 
begehren nach der ganzen Anlage und nach der geschichtlichen 
Entwickelung des Instituts keinen Sinn, wenn nicht dem Volke 
schließlich die letzte Entscheidung gegenüber einem Parlaments- 
beschlusse zukommt, der dem aus der Mitte des Volkes gestellten 
Gesetzesantrage zuwiderläuft. Man wird also annehmen müssen, 
daß durch Art. 73, Abs. 4 auch die V olksinitiative in Bezug auf 
Finanzgesetze ausgeschlossen wird °°. Auch sprechen die gleichen 
Gründe, aus denen man solche Gesetze dem fakultativen Referen- 
dum entziehen will — wovon noch zu sprechen ist — durchaus 
gegen die Zulässigkeit eines Volksbegehrens. Wollte man anders 
entscheiden, so käme man zu dem ungereimten Ergebnisse, daß 
es dem Volke verwehrt ist, durch einen Referendumsantrag das 
Zustandekommen eines Etats-, Abgabe- oder Besoldungsgesetzes 
zu hindern, während ihm der Versuch freistünde, durch Volksbe- 
gehren die Wiederabschaffung eines soeben erlassenen Gesetzes 
solcher Art herbeizuführen. Schließlich zeigt auch die Entstehungs- 
geschichte des Art. 73, daß die hier vorgetragene Ansicht richtig 
ist 51, 
s° So faßt, wenn ich ihn recht verstehe, GıEsE 8. 219 die Sache auf. 
50° Ebenso SAENGER, a. a. O. S. 104. 
sl Die Bestimmungen über Referendum und Volksinitiative gehen auf 
Anträge zurück, die im Verfassungsausschusse teils von mehrheitssozialistı- 
scher, teils von demokratischer Seite gestellt worden sind. Der Antrag 
Kert und Gen. (zu Drucks. Nr. 182) behandelte zunächst in vier Artikeln 
die einzelnen Fälle der Volksabstimmung. Im vierten Artikel war die 
Volksabstimmung über Volksbegehren geregelt; sie sollte in jedem Falle 
des Volksbegehrens erforderlich sein, das begehrte Gesetz sollte vor der 
Abstimmung nur der „Beratung“ des Reichstags unterliegen. Ein fünfter 
Artikel fügte hinzu: „Ueber den Haushaltplan findet keine Volksabstimmung 
statt.“ Damit war in ganz klarer Weise auch ein entsprechendes Volks- 
begehren für unstatthaft erklärt. — Der Antrag ABLAss u. Gen. (Drucks. 
Nr. 169), an den sich der jetzige Art. 73 am nächsten anlehnt, sagte in 
Abs. 3: „Eine Volksabstimmung hat ferner stattzufinden, wenn ein Zehntel 
der Stimmberechtigten das Begehren nach Vorlegung eines Gesetzentwurfs 
stellt. Die Volksabstimmung findet erst statt, wenn der begehrte Gesetzent-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.