Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 39 (39)

Der Inhalt des Einspruchs, der sich aus seiner Begründung 
ergibt, kann verschieden sein. Er kann die Beseitigung des ganzen 
Gesetzes bezwecken. Er kann sich aber auch darauf beschränken, 
eine Abänderung des Gesetzes oder eine Streichung einzelner Be- 
stimmungen oder eine Ergänzung zu verlangen. Wie dem aber 
sei, jedenfalls muß der Einspruch formell immer gegen das ganze 
Gesetz gerichtet werden. Auf dieser Grundlage baut sich das 
gesamte weitere Verfahren auf. 
Die Folge des Einspruchs ist immer die, daß das Gesetz 
dem Reichstage zu einer nochmaligen Beschlußfassung vorgelegt 
wird (Art. 74, Abs. 3). In welcher Form der Reichstag die er- 
neute Beratung veranstaltet, ist Sache seines Beliebens; die Ge- 
schäftsordnung wird darüber Bestimmungen aufnehmen müssen. 
Selbstverständlich wird sich die Beratung regelmäßig auf den „ Gegen- 
stand der Meinungsverschiedenheit“ beschränken. Aber die Ab- 
stimmung darf nicht bei einer abermaligen Beschlußfassung über 
die beanstandeten Teile oder bei einem Votum über die vom 
Reichsrate verlangten Zusätze stehen bleiben. Sie muß sich nach 
dem klaren Wortlaute der Verfassung auf das ganze (Gesetz be- 
ziehen, natürlich in der Fassung, die es in der neuen Beratung 
erhalten hat. 
Eine Frist, innerhalb deren die erneute Schlußabstimmung des 
Reichstags zu erfolgen hat, ist nicht vorgesehen. Gewöhnlich 
wird sich ja der Reichstag beeilen, um die Angelegenheit zur Er- 
ledigung zu bringen. Aber es ist doch möglich, daß der Ab- 
lauf der Legislaturperiode oder eine Auflösung des Reichstags 
einen Strich durch die Rechnung macht. Namentlich bei Gesetzen, 
die in der letzten Tagung einer Legislaturperiode beschlossen 
worden sind, kann das leicht vorkommen; es ist nicht nötig, 
daß dabei eine schuldhafte Verzögerung vorliegt. Dann kommt 
das Gesetz nicht zustande. Denn es ist ausgeschlossen, daß 
der neugewählte Reichstag in ein unvollendet gebliebenes Ein- 
spruchsverfahren als Partei eintritt, und daß er Gesetzes- 
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