Der Inhalt des Einspruchs, der sich aus seiner Begründung
ergibt, kann verschieden sein. Er kann die Beseitigung des ganzen
Gesetzes bezwecken. Er kann sich aber auch darauf beschränken,
eine Abänderung des Gesetzes oder eine Streichung einzelner Be-
stimmungen oder eine Ergänzung zu verlangen. Wie dem aber
sei, jedenfalls muß der Einspruch formell immer gegen das ganze
Gesetz gerichtet werden. Auf dieser Grundlage baut sich das
gesamte weitere Verfahren auf.
Die Folge des Einspruchs ist immer die, daß das Gesetz
dem Reichstage zu einer nochmaligen Beschlußfassung vorgelegt
wird (Art. 74, Abs. 3). In welcher Form der Reichstag die er-
neute Beratung veranstaltet, ist Sache seines Beliebens; die Ge-
schäftsordnung wird darüber Bestimmungen aufnehmen müssen.
Selbstverständlich wird sich die Beratung regelmäßig auf den „ Gegen-
stand der Meinungsverschiedenheit“ beschränken. Aber die Ab-
stimmung darf nicht bei einer abermaligen Beschlußfassung über
die beanstandeten Teile oder bei einem Votum über die vom
Reichsrate verlangten Zusätze stehen bleiben. Sie muß sich nach
dem klaren Wortlaute der Verfassung auf das ganze (Gesetz be-
ziehen, natürlich in der Fassung, die es in der neuen Beratung
erhalten hat.
Eine Frist, innerhalb deren die erneute Schlußabstimmung des
Reichstags zu erfolgen hat, ist nicht vorgesehen. Gewöhnlich
wird sich ja der Reichstag beeilen, um die Angelegenheit zur Er-
ledigung zu bringen. Aber es ist doch möglich, daß der Ab-
lauf der Legislaturperiode oder eine Auflösung des Reichstags
einen Strich durch die Rechnung macht. Namentlich bei Gesetzen,
die in der letzten Tagung einer Legislaturperiode beschlossen
worden sind, kann das leicht vorkommen; es ist nicht nötig,
daß dabei eine schuldhafte Verzögerung vorliegt. Dann kommt
das Gesetz nicht zustande. Denn es ist ausgeschlossen, daß
der neugewählte Reichstag in ein unvollendet gebliebenes Ein-
spruchsverfahren als Partei eintritt, und daß er Gesetzes-
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