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so begegnet sich sein Inhalt mit dem, was der Präsident ohnehin
zu tun gewillt ist. Gleichwohl besteht ein Unterschied. Dem
Einspruche gegenüber ist der Volksentscheid nur über den „Ge-
genstand der Meinungsverschiedenheit“, also unter Umständen
nur über einen Teil des Gesetzes herbeizuführen. Dem Referen-
dumsantrage kann aber nach Art. 73, Abs. 2 allein durch Ab-
stimmung über das ganze Gesetz Genüge geschehen. Die Kon-
kurrenz von Referendums- und Einspruchsverfahren hat also im
vorausgesetzten Falle zur Folge, daß das Thema der Volksabstim-
mung ein breiteres wird als beim isolierten Einspruchsverfahren.
€) Der Reichstag hat das Gesetz bei der nochmaligen Be-
schlußfassung mit den Aenderungen angenommen, die der
Reichsrat gewünscht hatte. Damit ist die „Uebereinstimmung*
zwischen beiden erzielt; das Einspruchsverfahren ist erledigt. An
sich könnte also der Reichspräsident das Gesetz ausfertigen und
verkünden. Nun läuft aber noch das Referendumsverfahren. Es
ist nicht zwecklos geworden; denn es richtet sich gegen das Ge-
setz in seinem vollen Bestande. Da das Verfahren voraussetzt,
daß ein Drittel des Reichstags nach Art. 72 die Aussetzung der
Gesetzesverkündigung um zwei Monate’ verlangt hat, so muß der
Präsident den Ablauf dieser Frist abwarten, ehe er verkündet; denn
trotz der geschehenen Abänderung handelt es sich noch immer um
dasselbe Gesetz. Geht innerhalb der Frist der Antrag des Zwan-
zigstels auf Volksentscheid ein, so mu ß dieser nunmehr vom Präsi-
denten angeordnet werden (Art. 73, Abs. 2), und zwar über das
Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung. Es bedarf dazu keines
neuen Antrags auf Aussetzung und keines neuen Referendums-
antrags; diese sind Zwar zulässig, aber nur gegenüber dem Gesetze,
wie es jetzt formuliert worden ist (s. oben S. 518) 192, Eine Dring-
liehkeitserklärung könnte zwar das Gesetz in seiner neuen Fas-
sung vor einem neuen Verlangen nach Aussetzung der Verkün-
102? Daraus können sich neue Verwickelungen ergeben. Es würde zu
weit fübren, das hier zu verfolgen.
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